Konsequent und oft gemeinsam mit anderen Bundesländern setzt sich Baden-Württemberg im Bundesrat für steuerliche Verbesserungen ein. Seit 2016 hat sich viel getan. Immer im Blick: Weniger Bürokratie und faire steuerliche Regeln, die für alle gelten.
Die Grundsteuer muss reformiert werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2018 entschieden, dass auf Bundesebene eine Reform bis Ende 2019 verabschiedet sein musste. Nur so können die Kommunen auch künftig diese wichtige Einnahmequelle behalten, um ihre vielfältigen Aufgaben zu finanzieren (Steueraufkommen bundesweit 2019 rund 14,4 Milliarden Euro, davon Gemeinden in Baden-Württemberg rund 1,8 Milliarden Euro). Anfang Februar 2019 wurden Eckpunkte zwischen Bund und Ländern vereinbart, welche die entscheidende Grundlage für die Gesetzentwürfe der Bundesregierung im Juli 2019 darstellten. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hatte sich konstruktiv in diese Verhandlungen eingebracht und sich bei der Bundesregierung für eine zügige und transparente Umsetzung der notwendigen Reform eingesetzt.
Die Reform der Grundsteuer wurde am 8. November 2019 vom Plenum des Bundesrates und bereits am 20. Oktober 2019 vom Bundestag beschlossen. Teil der Neuregelung ist eine sogenannte Länderöffnungsklausel. Damit haben die einzelnen Länder jeweils die Möglichkeit von der Bundesregelung abzuweichen und eigenständige Regelungen zu erlassen. Baden-Württemberg will von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Im Juli 2020 beschloss der Ministerrat Eckpunkte zur Umsetzung eines eigenen Landesgrundsteuergesetzes. Der entsprechende Gesetzentwurf basiert auf einer Ausarbeitung des Finanzministeriums, die bei einer Expertenanhörung Ende Januar 2020 auf positive Resonanz gestoßen war. In der Anhörung zum Gesetzentwurf hatten Verbände und Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme, Bürgerinnen und Bürger konnten sich bis Ende August über das Beteiligungsportal des Landes einbringen.
Die Eckpunkte und der Gesetzentwurf sehen ein modifiziertes Bodenwertmodell für Baden-Württemberg vor. Die geplante Bodenwertsteuer ist transparent und einfach: Das Modell kommt für die Bewertung mit zwei Kriterien aus - Bodenrichtwert und Grundstücksfläche werden miteinander multipliziert. In einem weiteren Schritt wird die Steuermesszahl einberechnet. Für die überwiegende Wohnnutzung ist eine Privilegierung über eine Reduzierung der Steuermesszahl im Gesetz vorgesehen. Damit soll erreicht werden, dass das Wohnen nicht teurer wird. Die Höhe der Grundsteuer bestimmt sich in einem weiteren Schritt über die Hebesätze der Kommunen, die diese in eigener Zuständigkeit festlegen.
Am 4. November 2020 hat der baden-württembergische Landtag in der 2. Lesung das neue Landesgrundsteuergesetz verabschiedet. Ausführliche Informationen zum neuen Modell finden Sie hier.
Das Steuersystem kann entscheidend dazu beitragen, den Ausstoß von Kohlendioxid deutlich zu reduzieren und so die Klimakrise entschlossen zu bekämpfen. Wir haben uns im Finanzausschuss des Bundesrats bereits seit April 2019 für eine CO2-Steuer eingesetzt. Ein solcher Preis kann einen zentralen Anreiz setzen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermindern, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Wir sehen in der Ausgestaltung der Steuersysteme in der EU eine wichtige Stellschraube, um die Anreizwirkung für wirksamen Klimaschutz wesentlich zu verbessern und halten die Einführung einer Steuer auf CO2-Emissionen für einen dringend gebotenen ersten Schritt (erfolgreicher BW-initiierter Antrag im Finanzausschuss vom 30.04.2019). Eine solche Abgabe sollte eine ökologische Lenkungswirkung erzeugen und dabei grundsätzlich so ausgestaltet werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Gesamtheit nicht höher belastet werden und die soziale Verträglichkeit gewahrt wird.
Die im Oktober 2019 vorgelegten Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Klimaschutzprogramm 2030 im Steuerrecht und zum Bundesemissionshandelsgesetz (BEHG) waren nicht geeignet, um die notwendige CO2-Reduktion entschieden anzugehen. Daher haben wir dem zustimmungspflichtigen Steuergesetz weder im Bundesrats-Finanzausschuss noch im Bundesrats-Plenum zugestimmt und uns erfolgreich für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat eingesetzt. Im Vermittlungsausschuss ist ein Schritt in die richtige Richtung gelungen: Die Bundesregierung hat zugesichert, im ersten Quartal 2020 eine Novellierung des Bundesemissionshandelsgesetzes vorzulegen und den CO2-Preis ab 2021 deutlich anzuheben. Statt 10 Euro wie ursprünglich geplant wird jetzt ein Preis von 25 Euro pro Tonne CO2 (und damit auf dem Niveau des Emissionshandelspreises) festgelegt. Dieser Preis wird in den nächsten Jahren bis 2026 um jeweils 5 Euro pro Jahr steigen. Damit ist ein verlässlicher Pfad festgelegt und der Preis wird eine ökologische Lenkungswirkung im Verkehrssektor und im Heizungsbereich entfalten. Dennoch verbleiben beim BEHG verfassungsrechtliche Risiken, da es sich um eine neue Steuer handelt und der CO2-Preis nicht in die bisher schon existierenden Energiesteuern integriert wird. Die Bundesregierung hielt im Vermittlungsausschuss aber an ihrer bisherigen Auffassung fest.
Eine ökologische Steuerreform kann nur gelingen, wenn gleichzeitig die Bürgerinnen und Bürger finanziell entsprechend entlastet werden. Der höhere CO2-Preis wird mit einer Entlastung beim Strompreis verbunden, da die Umlage für die Erneuerbaren Energien (EEG-Umlage) mit aufwachsendem CO2-Preis deutlich gesenkt wird. Davon profitieren insbesondere Haushalte mit niedrigeren Einkommen. Aber auch die mittelständische Wirtschaft erfährt so eine Entlastung.
Im Bereich der Einkommensteuer werden weitere Entlastungen umgesetzt:
- steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungsmaßnahmen
- Absenkung des Umsatzsteuersatzes im Schienenbahnfernverkehr
- Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler (mehr als 20 Kilometer Pendeldistanz), Einführung einer Mobilitätsprämie für Fernpendler
Die Anhebung der Entfernungspauschale ist aus unserer Sicht nicht der richtige Entlastungsweg, da aufgrund unseres progressiven Steuersystems Gutverdienende stärker profitieren als Bürgerinnen und Bürger mit niedrigeren Einkommen. Auch wird damit dem ökologischen Lenkungseffekt entgegengewirkt. Dennoch tragen wir diese Regelung im Kompromisswege mit. Wir werden uns weiterhin für eine stärkere ökologische Lenkungswirkung im Steuersystem einsetzen, die wir mit Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle koppeln, um eine sozial ausgewogene, wirkungsvolle Klimapolitik umzusetzen.
Konsequent geht das Finanzministerium gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung vor. Die Initiativen im Einzelnen:
- Betreiber von Online-Handelsplattformen, also Marktplätzen, auf denen gewerbliche Händler Waren zum Kauf anbieten, können seit dem 01. März 2019 in Haftung genommen werden, wenn über ihre Plattform Geschäfte abgeschlossen werden und die Onlinehändler die Umsatzsteuer nicht ordnungsgemäß abführen. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (vormals Jahressteuergesetz 2018) vom 11. Dezember 2018 (BGBl I 2018, 2338).
Damit wird Steuerhinterziehung bekämpft und ein fairer Wettbewerb sichergestellt: Firmen im Land, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Steuern ehrlich zahlen, werden so nicht länger benachteiligt. In Deutschland ging bisher Schätzungen zufolge Umsatzsteuer im dreistelligen Millionenbereich durch nicht registrierte Onlinehändler verloren. Allein die Ankündigung einer gesetzlichen Regelung hat bereits zu vielen Anmeldungen von Anbietern geführt (in Deutschland registrierte Händler mit Sitz in China / Hongkong / Taiwan im Mai 2017 rund 430, Ende Februar 2020: rund 29.000, Ansteig des Umsatzsteueraufkommens von rund 30 Millionen Euro (2017) auf über 200 Millionen Euro (2020)).
- Wir haben uns gemeinsam mit Hessen dafür eingesetzt, aktiv gegen Steuerkriminalität in der Sicherheitsbranche vorzugehen (Finanzausschuss vom 28. März 2019, Bundesratsplenum vom 12. April 2019). Gerade im Wach- und Sicherheitsgewerbe werden häufig Konstruktionen mit Subunternehmern genutzt. Bislang gilt, dass die Umsatzsteuer zusammen mit dem Rechnungsbetrag für die erbrachte Dienstleistung an den Auftragnehmer gezahlt wird, der sie an das Finanzamt abführt. Immer wieder werden Fälle von Steuerhinterziehung aufgedeckt, in denen die Abführung der Steuer an das Finanzamt unterbleibt. Mit einer Neuregelung des Steuerrechts soll das verhindert werden, indem eine Umkehr der Umsatzsteuerschuld zum Tragen kommt. Der Auftragnehmer stellt dabei lediglich den Nettobetrag in Rechnung, die Umsatzsteuer führt der Auftraggeber direkt an das Finanzamt ab. Das Betrugsrisiko wäre damit deutlich eingedämmt.
Außerdem fordern wir – gemeinsam mit Hessen – auch im Bereich der Ertragsteuer einen Sicherungsmechanismus in Form eines Steuerabzugs bei Sicherheitsdienstleistungen, vergleichbar der Regelung der Bauabzugssteuer (Finanzausschuss vom 28. März 2019, Bundesratsplenum vom 12. April 2019). Dadurch kann der ordnungsgemäße Einbehalt der Lohnsteuer im Bereich des Sicherheitsgewerbes gewährleistet werden.
- Gemeinsam mit Hessen und Schleswig-Holstein fordern wir die Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung zur Aufklärung der besonders schweren Steuerhinterziehung (Finanzausschuss vom 28. März 2019, Bundesratsplenum vom 12. April 2019). Bislang ist dies nur in bestimmten Steuerbereichen möglich (bandenmäßige Umsatz- und Verbrauchsteuerhinterziehung). Eine Ausweitung auf alle Fälle des besonders schweren Betrugs ist erforderlich, um auf neue Formen gravierender Steuerhinterziehung (zum Beispiel Panama Papers, Cum-Ex-Geschäfte) angemessen reagieren zu können.
- Wir haben zusammen mit den anderen Ländern und dem Bund zahlreiche Maßnahmen zur Umsetzung des Projekts gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung ("Base Erosion and Profit Shifting" - BEPS) der OECD vorangetrieben. Hintergrund ist die Beobachtung, dass vor allem große multinationale Unternehmen (zum Beispiel Apple, Google, Amazon und Starbucks) unter Ausnutzung von international nicht abgestimmten Steuerregeln ihre Steuerlast erheblich reduzieren. Hervorzuheben sind die Einführung einer Pflicht zur Erstellung länderbezogener Berichte von international agierenden Konzernen (Country-by-Country-Reports), die Vermeidung des doppelten Abzugs von Betriebsausgaben des Gesellschafters einer Personengesellschaft mit Auslandsbezug und Einschränkung des Abzugs von Lizenzaufwendungen bei Verschiebung von Gewinnen in Staaten niedriger Besteuerung. Außerdem haben wir uns in Folge der Veröffentlichung von Steuerhinterziehungsmodellen in anderen Ländern (unter anderem Panama-Papers-Enthüllungen) für eine weitere Erschwerung der Steuerumgehung mittels im Ausland angesiedelter Briefkastenfirmen und eine Verbesserung der Informationsmöglichkeiten der Finanzbehörden eingesetzt (umgesetzt durch Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23.06.2017). Ebenso sind wir gerade dabei, die EU-Richtlinie zur Anzeige von grenzüberschreitenden Gestaltungen in nationales Recht umzusetzen (Verabschiedung im Bundesrat am 20.12.2019). Zusätzlich fordern wir eine Anzeigepflicht für rein nationale Steuergestaltungen (Finanzausschuss vom 5. Dezember 2019). Danach sind insbesondere Personen, die solche Steuergestaltungsmodelle entwickeln und vermarkten, aufgefordert, ihre Modelle bei der Finanzverwaltung anzuzeigen, um Umgehungen frühzeitig bekämpfen zu können und so die Steuergerechtigkeit weiter voranzutreiben.
- Wir diskutieren zur Zeit künftige Besteuerungsoptionen im Zuge der zunehmenden digitalen Wirtschaft (Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 25. Mai 2018 sowie FMK-Befassung am 14.11.2019). Ziel ist es, eine gerechte Besteuerung auch von digitalen Dienstleistungen zu erreichen, die nicht mehr an einen Firmensitz und ein Land gebunden sind, wie zum Beispiel Online-Angebote. Hier sind vor allem internationale Absprachen zu treffen und Regeln anzupassen. Die Länder sollen eng in den Diskussionsprozess auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eingebunden werden.
- Wir haben uns im Bundesrat gemeinsam mit Hessen erfolgreich für die steuerliche Freistellung des Arbeitgeber-Zuschusses zu einem Job-Ticket eingesetzt (Finanzausschuss vom 06. September 2018, Bundesratsplenum vom 21. September 2018). Gewährte bislang ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein kostenloses oder verbilligtes Jobticket, so war der daraus resultierende geldwerte Vorteil (also die Kostenersparnis des Arbeitnehmers für die Fahrkarte) zu versteuern. Eine Besteuerung entfiel nur, wenn die allgemeine 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge nicht überschritten war und so sie nicht schon anderweitig belegt war. Unser Konzept sah vor, dass der geldwerte Vorteil nicht mehr versteuert werden muss – weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer. So würde die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver. Die große Koalition hat die Initiative zunächst im Jahressteuergesetz 2018 aufgegriffen, sieht jedoch eine Anrechnung des finanziellen Vorteils auf die Pendlerpauschale vor. Im Jahressteuergesetz 2019 bekam der Arbeitgeber zudem ein Wahlrecht, das es ihm ermöglicht, den Zuschuss pauschal zu versteuern, woraufhin der Arbeitnehmer im Gegenzug die Entfernungspauschale bei den Werbungskosten geltend machen kann. Das weicht unseren unbürokratischen Vorschlag leider auf. Aber damit findet zumindest ein Schritt in die richtige Richtung statt. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (vormals Jahressteuergesetz 2018) vom 11. Dezember 2018 (BGBl I 2018, 2338) sowie aktualisiert im Gesetz zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Jahressteuergesetz 2019, Verabschiedung im Bundesrat am 29. November 2019). Im Land nutzen inzwischen 29.500 Beamte bzw. Tarifbeschäftigte und damit mehr als 10 % der Beschäftigten/Landesbediensteten ein Jobticket (Stand: April 2019).
- Erfolgreich haben wir uns auch für die steuerliche Begünstigung von Fahrrädern und Pedelecs eingesetzt, die ausschließlich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden (Finanzausschuss vom 06. September 2018, Bundesratsplenum vom 21. September 2018). Hier wird künftig auf die Besteuerung eines geldwerten Vorteils verzichtet, so dass ein ökologischer Anreizeffekt verstärkt wird. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (vormals Jahressteuergesetz 2018) vom 11. Dezember 2018 (BGBl I 2018, 2338).
Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Jahressteuergesetz 2019) wird den Arbeitgebern die Möglichkeit eingeräumt, geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übereignung von betrieblichen Fahrrädern an den Arbeitnehmer pauschal mit 25 % Lohnsteuer zu besteuern. Auch wird die Nutzung von relativ günstigen vom Arbeitsgeber zur Verfügung gestellten E-Fahrzeugen (Anschaffungskosten unter 40.000 Euro) durch eine verringerte steuerliche Anrechnung auf den Lohn (0,25 % statt bisher 0,5 %) attraktiver.
- Wir haben uns im Finanzausschuss des Bundesrates mehrfach und letztlich erfolgreich (zuletzt Finanzausschuss am 24. September 2020 (Antrag zum Jahressteuergesetz 2020), sowie zuvor im Bundesratsplenum 20.09.2019) für eine Anhebung der Grenze zur sofortigen Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern (GWG-Grenze) auf 1.000 Euro eingesetzt. Eine solche Grenze führt zu einer Verwaltungsvereinfachung und zu einer Vereinfachung der betrieblichen Rechnungslegung. Im September 2019 wurde dieses Anliegen mit großer Mehrheit im Bundesratsplenum angenommen. Zudem haben wir - gemeinsam mit Sachsen und dem Saarland - einen Antrag zur Anhebung der Kleinunternehmergrenze von 17.500 auf 21.400 Euro gestellt (Finanzausschuss am 05. September 2019). Leider wurden beide Vorstöße von der großen Koalition im Bund im Jahressteuergesetz 2019 nicht aufgenommen. Allerdings ist eine Anhebung der Kleinunternehmergrenze auf 22.000 Euro im Dritten Bürokratieentlastungsgesetz enthalten (Verabschiedung durch den Bundesrat am 08. November 2019).
- Wir haben uns erfolgreich für Steuererleichterungen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eingesetzt, die ihren Beschäftigten mit Migrationshintergrund Deutschkurse anbieten (BMF-Schreiben vom 04.07.2017). Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Das ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt. Dies ist ein gutes Beispiel wie Integration im Land gefördert werden kann und gleichzeitig Bürokratie gerade für kleinere und mittlere Unternehmen abgebaut werden kann.
Wir haben das Steuerrecht angepasst (Prüfbitte Baden-Württembergs im Finanzausschuss am 23. Februar 2017), damit ein kurzfristig hoher Lohn bei Saisonkräften, die insbesondere im Gastronomiebereich bei Wein- oder Volksfesten arbeiten, auf einen längeren Zeitraum umgelegt werden kann. So können die Menschen sofort über höhere Nettolöhne verfügen, weil weniger Lohnsteuer abgeführt werden muss. In der Vergangenheit hätten diese Menschen zunächst deutlich mehr Lohnsteuer zahlen müssen und sich das Geld erst später vom Fiskus erstatten lassen können. Dafür wurden die Regelungen beim Permanenten Lohnsteuerjahresausgleich verändert (umgesetzt durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom 23. Juni 2017). Damit haben wir für die Beschäftigten auch den bürokratischen Aufwand reduziert.
Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes betrugen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Jahr 2017 in Baden-Württemberg fast 28 Milliarden Euro (Stand Juli 2019). Die Forschungsintensität - im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt - erreichte einen Rekordwert von 5,6 % und damit klar Platz 1 im Ländervergleich. Diese Innovationskraft gilt es zu verteidigen und auszubauen, um im globalen Innovationswettbewerb mitzuhalten. Im Finanzausschuss und im Bundesratsplenum (28. Juni 2019) haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass sich die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung auch auf Mittelständler, die keine eigene Forschungsabteilung haben, aber externe Forschungsaufträge an Institute vergeben, erstreckt. Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (Forschungszulagengesetz) hat die Bundesregierung diesen Bemühungen Rechnung getragen und auch die Auftragsforschung in die Förderung einbezogen. Das Bundesrats-Plenum hat dies am 29. November 2019 bestätigt. Mit dem 2. Corona-Steuerhilfegesetz konnten hier durch die Anhebung der geförderten Summen weitere Verbesserungen für die Unternehmen erreicht werden.
Im Rahmen des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Jahressteuergesetz 2019) plante die Bundesregierung die Neuregelung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Bildungsleistungen. Damit sollte eine Anpassung an Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie erfolgen. Die Regelung hätte dazu geführt, dass zahlreiche Weiterbildungsangebote künftig nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit gewesen wären (unter anderem VHS-Kurse, deren Gebühren sich somit erhöht hätten).
BW hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, die Regelung zu überprüfen, um auch künftig eine Steuerbefreiung solcher Bildungs- und Schulmaßnahmen sicherzustellen (Finanzausschuss vom 05. September 2019, Bundesrats-Plenum 20. September 2019).
Die Neuregelung der Steuerbefreiung von Bildungsleistungen im Umsatzsteuerrecht ist nicht mehr im Jahressteuergesetz 2019 (2. DG Bundesrats-Plenum 29. November 2019), sondern soll in einem separaten Gesetz überarbeitet werden.
Wir setzen uns auch bei der Grunderwerbsteuer für mehr Steuergerechtigkeit ein und fordern Regelungen zur Eindämmung von sogenannten Share Deals (zuletzt: Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 29. November 2018). Die Regeln für den indirekten Erwerb von Grundstücken über die Beteiligung an einer grundstückshaltenden Gesellschaft, mit denen Zahlungen der Grunderwerbsteuer vermieden werden, sollen soweit es geht verschärft werden, damit solche Gesellschaften nicht dank derartiger Gestaltungen steuerfrei bleiben, während alle anderen bei Immobilienkäufen ihren Steuerbeitrag leisten. Leider wird das Gesetzgebungsverfahren von der Bundesregierung verschleppt. Das Gesetzgebungsverfahren, das vom BMF für das erste Halbjahr 2020 angekündigt worden war, verzögert sich weiterhin. Baden-Württemberg hat daher gemeinsam mit Bremen und Schleswig-Holstein einen Antrag eingebracht, der die zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen fordert (Antrag zum Jahressteuergesetz 2020, Fz 24.09.2020, Bundesratsplenum 09.10.2020).
Wir haben in einer schwierigen Kompromissfindung die neuen Regeln zur Erbschaft- und Schenkungsteuer auf den Weg gebracht. Hier galt es einerseits die Interessen der Wirtschaft zu berücksichtigen, anderseits eine gerechte Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zu erreichen und das Steueraufkommen zu sichern.
Viele Menschen engagieren sich in Baden-Württemberg gerne für die Gesellschaft. Bürokratische Erleichterungen für das Ehrenamt sind deshalb besonders wichtig. Wenn zum Beispiel ein Verein ein Sommerfest mit Getränke- und Speisenverkauf veranstaltet, fallen auf die Gewinne aus dem Verkauf Körperschafts- und Gewerbesteuer an. Zur Entlastung sieht der Gesetzgeber bisher eine Steuerfreigrenze von 35.000 € vor. Wir haben gemeinsam mit anderen Ländern (unter anderem Schleswig-Holstein, Bremen, Bayern) eine erfolgreiche Bundesratsinitiative zur Anhebung dieser Grenze auf 45.000 Euro gestartet, um das Ehrenamt zu stärken (Verabschiedung im Bundesrats-Plenum am 21. September 2018). Leider hat die Bundesregierung dies bis heute noch nicht umgesetzt. Gemeinsam mit den anderen Ländern drängen wir daher darauf, dass diese und vier weitere Verbesserungen im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht zügig umgesetzt werden. Sowohl in der Jahresfinanzministerkonferenz vom 24. Mai 2019 in Berlin als auch in der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates vom 05. September 2019 haben die Länder die Bundesregierung aufgefordert, folgende weitere konkreten Änderungen zeitnah auf den Weg zu bringen:
- Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.400 Euro auf 3.000 Euro sowie der Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro.
- Anhebung der Grenze für vereinfachte Zuwendungsbestätigungen von 200 Euro auf 300 Euro.
- Etablierung von Holdingstrukturen im Gemeinnützigkeitsrecht durch Einführung gesetzlicher Regelungen, die eine Kooperation verschiedener steuerbegünstigter Körperschaften zugunsten eines steuerbegünstigten Zwecks ermöglichen.
- Schaffung einer Vertrauensschutzregelung zugunsten steuerbegünstigter Körperschaften, die gutgläubig Mittel an eine andere Körperschaft für steuerbegünstigte Zwecke weitergeben, wenn der Empfängerkörperschaft im Nachhinein die Gemeinnützigkeit nicht zuerkannt bzw. aberkannt wird.
Leider verzögert die Bundesregierung auch im Bereich der Gemeinnützigkeit dringend notwendige Reformen. Das für das erste Halbjahr 2020 angekündigte Gesetzgebungsverfahren wurde noch nicht eingeleitet. Diese und weitere Forderungen, u.a. die Erweiterung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke, wurden daher erneut im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2020 eingebracht (Bundesratsplenum 09.10.2020, Fz 24.09.2020).
Wir setzen uns zusammen mit anderen Ländern für eine moderne, zukunftsorientierte, bürgerfreundliche und geschlechtergerechte Finanzverwaltung ein (zuletzt: Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 25. Mai 2018). Unter anderem wird kontinuierlich daran gearbeitet, Formulare und Bescheide neu zu gestalten, damit alle besser nachvollziehen können, warum und wie ihre Steuerberechnungen erfolgen.
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