Am 4. November 2020 hat der Landtag ein Grundsteuergesetz für Baden-Württemberg verabschiedet. Es ist das erste vollständig eigene Steuergesetz für das Land. In Baden-Württemberg wird die Grundsteuer damit nach dem modifizierten Bodenwertmodell ermittelt - einem innovativen, einfachen, transparenten und bürokratiearmen Modell. Es löst die bisherige Einheitsbewertung ab. Die Neuregelung greift für die Grundsteuererhebung ab dem Jahr 2025.
Die wichtigsten Informationen zur Umsetzung und zum Zeitplan der neuen Grundsteuer für Baden-Württemberg:
Beim modifizierten Bodenwertmodell basiert die Bewertung im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. Auf die Bebauung kommt es für die Bewertung nicht an. Das Bewertungsergebnis ist der Grundsteuerwert, der den verfassungswidrigen Einheitswert künftig ersetzt. Eine Modifizierung der reinen Bodenwertsteuer erfolgt anschließend bei Anwendung der Steuermesszahl: Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke erfolgt ein Abschlag in Höhe von 30 Prozent.
Mithilfe der Grundsteuermesszahl werden die Grundsteuerwerte an die neuen Verhältnisse angepasst. Die neue Steuermesszahl liegt bei 1,3 Promille, in der Einheitsbewertung waren es bis zu 3,5 Promille. Durch das Senken der Messzahl wird bereits der größte Teil des im Vergleich zum bisherigen Einheitswert gestiegenen Wertes kompensiert. So soll eine grundsätzliche Mehrbelastung durch die Reform vermieden werden. Auf Ebene der Steuermesszahl werden zudem besonders förderwürdige und förderbedürftige Zwecke unterstützt. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke wird die Steuermesszahl um 30 Prozent reduziert, um das Grundbedürfnis "Wohnen" angemessen zu berücksichtigen. Durch die Multiplikation des Grundsteuerwertes mit der Steuermesszahl erhält man den sogenannten Grundsteuermessbetrag. Aus ihm und dem jeweiligen Hebesatz ermitteln die Gemeinden die konkrete Grundsteuer.
Mit dem Hebesatz bestimmen die Kommunen vor Ort, wie hoch letztlich die Grundsteuerbelastung wird. Grundlage für die Ermittlung des Hebesatzes wird die Summe der Grundsteuermessbeträge aller Grundstücke im Gemeindegebiet sein. Die Kommune errechnet anhand der Gesamtsumme, wie hoch der Hebesatz sein muss, um das angestrebte, bisherige Aufkommensniveau zu erreichen. Die Gemeinderäte legen die Hebesätze fest. Sie werden im Amtsblatt und häufig auch auf der Internetpräsenz der Kommunen veröffentlicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat für die Umsetzung der Grundsteuerreform eine Frist bis Ende 2024 gesetzt. Ab 2025 muss das neue Grundsteuerrecht angewendet werden. Das bedeutet, dass erstmals für das Jahr 2025 die Grundsteuer nach der neuen Berechnungsmethode gezahlt werden wird.
Um die Reform umzusetzen, sind umfangreiche Vorarbeiten notwendig. Eigentümerinnen und Eigentümern müssen über eine Steuererklärung zunächst Angaben zu ihrem Grundstück machen. Anschließend erfolgt die Bewertung beim zuständigen Finanzamt. Das Ergebnis, also die Höhe des neuen Grundsteuerwerts und des Steuermessbetrags, erfahren die Eigentümerinnen und Eigentümer mit Hilfe eines schriftlichen Bescheides. Im nächsten Schritt legen die Kommunen für die Grundsteuer ab 2025 neue Hebesätze fest und verschicken die Grundsteuerbescheide.
Diese müssen aktuell nichts tun. Die neue Wertermittlung soll auf den Stichtag 1. Januar 2022 erfolgen und anschließend alle sieben Jahre aktualisiert werden. Eigentümerinnen und Eigentümer werden im Laufe des Jahres 2022 dazu aufgefordert werden, eine Steuerklärung zu ihrem Grundvermögen abzugeben. Für die Grundsteuer B (alle Grundstücke, die nicht zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zählen) bedeutet dies, dass sie die Grundstücksgröße und den Bodenrichtwert eintragen müssen.
Der für Steuerzwecke benötigte Bodenrichtwert kann in der Regel in einem digitalen Bodenrichtwertsystem (BORIS-BW) oder auf der Internetpräsenz der Kommune kostenfrei abgerufen werden. Die Grundstücksfläche findet sich am einfachsten im Kaufvertrag für das Grundstück oder in einem Grundbuchauszug.
Zuletzt muss noch die Frage beantwortet werden, ob das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken dient. Sofern sich nichts geändert hat, können sich Eigentümerinnen und Eigentümer daran orientieren, ob ihr Grundstück bisher in die Kategorie Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück (in der Regel Mehrfamilienhäuser) oder Wohneigentum gefallen ist. In dem Fall lautet die Antwort: ja. In allen anderen Fällen muss ermittelt werden, ob der Anteil der Wohnfläche an der Gesamtfläche mehr als 50 Prozent beträgt.
Nach den mietrechtlichen Regelungen ist die Grundsteuer umlagefähig. Das bedeutet, Eigentümerinnen oder Eigentümer dürfen die Grundsteuer den Mieterinnen und Mietern über die Nebenkosten in Rechnung stellen. An dieser bundesrechtlichen Regelung hat sich nichts geändert. Wie sich die Reform auswirkt, können die Mieterinnen und Mietern anhand der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2025 sehen, sofern die Grundsteuer auf sie umgelegt wird.
Das kann man derzeit noch nicht konkret sagen. Die Kommunen haben über ihr Hebesatzrecht erheblichen Einfluss auf die Höhe der neuen Grundsteuer. Da diese gesetzlich verpflichtet sind, die Hebesätze für das neue Recht neu festzulegen, können noch keine Aussagen über die konkrete künftige Höhe der Grundsteuer gemacht werden. Grundsätzlich haben sich die kommunalen Landesverbände zur Aufkommensneutralität bekannt. Allerdings wird es in Einzelfällen zu Belastungsverschiebungen kommen. Dies ist durch die vom Bundesverfassungsgericht verordnete Reform auch gewollt, da die bisherigen Maßstäbe auf veralteten Werten basieren und dadurch verfassungswidrig sind.
Grundsätzlich gilt, dass die modifizierte Bodenwertsteuer baureife, unbebaute Grundstücke verteuern wird und effizient bebaute Grundstücke - wie häufig bei Mehrfamilienhäusern gegeben - entlasten wird.
Bodenrichtwerte sind flächendeckend verfügbar und werden regelmäßig aktualisiert. Zuständig sind die sogenannten Gutachterausschüsse. Bodenrichtwerte geben den Entwicklungszustand und den daraus resultierenden Durchschnittswert für den unbebauten Grund und Boden pro Quadratmeter anhand von anerkannten Bewertungsmethoden wieder (nach der Immobilienwertverordnung, in der Regel mit Hilfe einer Kaufpreissammlung ermittelt). Sie werden in sogenannten Bodenrichtwertzonen gebündelt. Der Bodenrichtwert einer solchen Bodenrichtwertzone stellt für eine abgrenzbare, überwiegend gleichartige Gruppe von Grundstücken den Wert des Grund und Bodens dar. Die überwiegende Anzahl an Grundstücken in der Bodenrichtwertzone muss sich innerhalb einer Spanne von plus/minus 30 Prozent bewegen.
Der für Steuerzwecke benötigte Bodenrichtwert kann in der Regel in einem digitalen Bodenrichtwertsystem (BORIS-BW) oder auf der Internetpräsenz der Kommune kostenfrei abgerufen werden.
Dazu ein Beispiel: Grundstückseigentümerin S hat ein Einfamilienhaus auf einem 400 Quadratmeter großen Grundstück. Der Bodenrichtwert beträgt 250 Euro pro Quadratmeter. Der neue Hebesatz der Gemeinde G, in der sich das Grundstück befindet, soll für die neue Grundsteuer bei 350 Prozent liegen.
Grundsteuerwert | 400 qm x 250 €/qm = 100.000 € |
Steuermessbetrag | 1,3 ‰ - 30 %-Abschlag (Einfamilienhaus, |
Grundsteuer | 91,00 € x 350 % = 318,50 € |
S müsste somit für ihr Einfamilienhaus 318,50 Euro pro Jahr oder etwa 26,50 Euro pro Monat Grundsteuer bezahlen.
Das Bundesmodell besteht zunächst aus zwei Komponenten: dem Grund und Boden sowie dem darauf befindlichen Gebäude. Sobald ein Gebäude bewertet werden muss, ist eine komplizierte Berechnung erforderlich. Beim Bundesmodell werden, neben dem für die Bodenwertsteuer erforderlichen Bodenrichtwert und der Grundstücksfläche, noch die Immobilienart, die Gebäudefläche und das Gebäudealter benötigt. Insbesondere die Bewertung des Gebäudeanteils ist dabei sehr detailreich und greift auf viele Pauschalierungen zurück, um das Modell für eine so umfangreiche Bewertung überhaupt noch handhabbar zu machen. Aufgrund dieser Pauschalierungen gibt es erhebliche Kritik, dass dadurch kein zutreffender Wert ermittelt wird. Kritikerinnen und Kritiker des Bundesmodells machen daran ihre verfassungsrechtlichen Zweifel fest.