Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bringt großes Leid mit sich, insbesondere für die dort lebenden Menschen. Viele von ihnen flüchten - auch nach Baden-Württemberg. Entsprechend groß ist die Hilfsbereitschaft: Viele Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen unterstützen humanitär und finanziell. Was es dabei in steuerlicher Hinsicht zu beachten gilt, haben wir in einer Übersicht zusammengestellt. Die Übersicht wird fortlaufend aktualisiert.
Steuerliche Erleichterungen
Vermietung von Wohnungen
Bei der Vermietung an Geflüchtete aus der Ukraine gilt: Bei einer unentgeltlichen oder verbilligten Vermietung werden keine fiktiven Einnahmen angenommen. Folglich fallen hierauf auch keine Steuern an. Zudem können - anders als sonst - Aufwendungen während der Zeit der unentgeltlichen oder verbilligten Vermietung an ukrainische Geflüchtete als Werbungskosten vollständig abgezogen werden (wie etwa die Gebäudeabschreibung oder Reparaturen). Darauf haben sich Bund und Länder in der aktuellen Ausnahmesituation verständigt.
Wohnraumüberlassung wird als Eigennutzung gewertet
Wer dieses Jahr Geflüchtete aus der Ukraine vorübergehend und kostenlos in seiner Immobilie wohnen lässt, hat bei einem Verkauf später keine Steuernachteile zu befürchten. Denn das Überlassen des Wohnraums wird als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gewertet. Voraussetzung ist, dass die Eigentümerin oder der Eigentümer die Immobilie bislang selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt und nicht vermietet hat. Darauf haben sich Bund und Länder verständigt.
Hintergrund der Vereinbarung ist folgender: Normalerweise ist der Verkauf einer privaten Immobilie steuerpflichtig ("privates Veräußerungsgeschäft"), wenn zwischen Kauf und Verkauf weniger als zehn Jahre liegen. Eine Ausnahme gibt es, wenn die Eigentümerin bzw. der Eigentümer in der Zeit zwischen Kauf und Verkauf oder mindestens im Jahr des Verkaufs und in den beiden Jahren zuvor selbst in der Immobilie gewohnt hat. Die unentgeltliche Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine gilt im Kalenderjahr 2022 als Eigennutzung. Die genannte Frist wird dadurch nicht unterbrochen.
Aufwandsentschädigungen
Wer Geflüchtete aus der Ukraine bei sich zuhause aufnimmt und dafür eine Aufwandsentschädigung erhält, zahlt darauf keine Einkommensteuer. Das haben Bund und Länder beschlossen. Aufwandsentschädigungen werden demnach nicht als Einkünfte gewertet. Voraussetzung ist, dass die Beträge die Kosten erkennbar nicht übersteigen und eine Unterbringung in der eigenen Wohnung beziehungsweise im eigenen Wohnhaus erfolgt.
Steuerfreibetrag für Alleinerziehende
Alleinerziehende mit einem minderjährigen Kind im eigenen Hausstand erhalten grundsätzlich einen Steuerfreibetrag. Dieser bleibt nun auch bestehen, wenn die oder der Alleinerziehende eine volljährige geflüchtete Person aus der Ukraine bei sich zuhause aufnimmt. Aus humanitären Gründen haben Bund und Länder entschieden, dass in solchen Fällen für das Jahr 2022 der Freibetrag weiterhin gewährt wird. Normalerweise erhalten Alleinerziehende den Steuerfreibetrag nicht mehr, sobald eine zweite volljährige Person einzieht.
Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Hilfsorganisationen
Wegen der aktuellen Situation haben sich zahlreiche engagierte Bürgerinnen und Bürger in neugegründeten Hilfsorganisationen zusammengefunden und wollen bei der Bewältigung der humanitären Folgen des Krieges in der Ukraine helfen. Viele der Hilfsorganisationen beabsichtigen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Dabei handelt es sich um ein förmliches Verfahren das beim zuständigen Finanzamt beantragt werden muss.
Hilfsorganisationen, die schnellstmöglich die Anerkennung der Gemeinnützigkeit anstreben, sollten ihre Satzung möglichst klar fassen. Es empfiehlt sich hierfür die sog. Mustersatzung (siehe Anlage 1 zu § 60 Abgabenordnung) als Vorlage zu verwenden, die förderungswürdigen Zwecke in der Satzung klar und eindeutig zu formulieren und den Satzungsentwurf anschließend mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen, um Verzögerungen durch mögliche Nachbesserungen zu vermeiden
Anschließend müssen die erforderlichen Unterlagen vollständig beim zuständigen Finanzamt eingereicht werden. Dazu zählen unter anderem die beschlossene (Vereins-)Satzung sowie das Gründungsprotokoll nebst Benennung der Gründungsmitglieder. Gegebenenfalls empfiehlt sich vorab auch ein Austausch mit den Vereinsbeauftragten des zuständigen Finanzamtes.
Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit kann in Neugründungsfällen bereits vor der Eintragung ins (Vereins-)Register erfolgen. Entscheidend ist, dass ein wirksamer Organbeschluss der Hilfsorganisation vorliegt. So wird das Verfahren zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht durch ein andauerndes Verfahren zur Eintragung ins (Vereins-)Register beeinträchtigt.
Was die Tätigkeit bereits anerkannter steuerbegünstigter Vereine außerhalb ihrer Satzungszwecke betrifft, so wird auf die FAQ Ukraine (Steuern) Ziffer II.7 und II.8 des Bundesfinanzministeriums verwiesen: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq-ukraine-steuern.html.