Die Landesregierung macht sich für eine ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft stark. Denn grüne Technologien sind begehrte Exportschlager und bilden einen wichtigen Wachstumsmarkt. Viele Unternehmen im Land beschreiten diesen Weg schon längst. Sie haben energieeffiziente Produkte, ressourcensparende Maschinen oder Umwelttechnologien als Chance für sich entdeckt. Wir haben uns mal bei drei dieser Unternehmen umgehört.
Berkheim ist der südlichste Ortsteil der Stadt Esslingen am Neckar. Von der Esslinger Innenstadt unten im Neckartal geht es steil hinauf auf die Filderebene. Oben angekommen, stehen die freistehenden Einfamilienhäuser Berkheims, rundherum sind Äcker, Wald und das nahe Nellingen, das bereits zu Ostfildern gehört und einen Anschluss ans Stuttgarter Stadtbahnnetz vorweisen kann.
Von einer langgezogenen Kurve aus entdeckt man am Rande Berkheims inmitten der ländlichen Idylle plötzlich drei futuristisch anmutende Gebäude. Die vermeintlichen Ufos sind Teil eines größeren Firmenkomplexes: Es handelt sich um das Technologiezentrum der Firma Festo, Stammsitz Esslingen, spezialisiert auf Steuerungs- und Automatisierungstechnik, die weltweit nachgefragt wird.
Bestehende Anlagen verbessern
Die Esslinger setzen bereits seit Jahren auf energieeffiziente Automatisierung, zum Beispiel in der Pneumatik. Bei neuen Anlagen kann von vornherein auf Energieeffizienz geachtet werden. Auch durch die gezielte Analyse bestehender Anlagen kann eine Menge Energie eingespart werden.
"Die Druckluft- Prozesskette reicht von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Nutzung der Druckluft in einer Anlage", sagt Karin Fischer aus der Kommunikationsabteilung von Festo, „und entlang dieser Prozesskette kann bis zu 30 Prozent der Energie eingespart werden.“ So bauen etwa viele Firmen aus Sicherheitsgründen einen zu großen Druckluft-Kompressor ein. Mit der richtigen Dimensionierung kann hier bereits eine Menge Strom eingespart werden. Auch durch Lecks in den Druckluftschläuchen geht Energie flöten. Per Ultraschall können diese Lecks aufgespürt werden. Und auch am Ende der pneumatischen Kette müsse beispielsweise der Antrieb richtig dimensioniert werden, so Fischer.
Festo Energy Saving Services nennt sich die von Festo entwicklete Analysemethode, mit der pneumatisch betriebene Anlagen auf ihre Effizienz hin untersucht werden können. Dafür wurde Festo 2009 mit dem Umwelttechnikpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Global nachgefragt: Energieeffiziente Anlagen aus Esslingen
Auch beim Bau neuer Anlagen spielt die Umweltverträglichkeit eine zentrale Rolle. Effektive Technik und effizienter Betrieb derselben – so könnte man Festos Nachhaltigkeitsansatz zusammenfassen. Dieses Know-how der Esslinger in der energieeffizienten Automatisierung ist weltweit nachgefragt. So laufen etwa die Wasserwerke von Sankt Petersburg, Istanbul und der chinesischen Metropole Nanjing mit den Automatisierungen des schwäbischen Unternehmens, versorgen viele Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser und sparen den Städten gleichzeitig Energiekosten ein. Seine Innovationsfähigkeit lässt sich Festo einiges kosten, sieben Prozent des Umsatzes steckte das Unternehmen 2012 in die Forschung und Entwicklung. In großen Verbundprojekten mit Partnern aus Industrie und Hochschulen wird das Thema weiter vorangetrieben.
Nicht nur bei Produkten und Beratungsleistungen setzt das Unternehmen mit weltweit über 16.000 Mitarbeitern auf Ökologie und Ökonomie. Auch in der eigenen Produktion und in der Architektur baut Festo auf umweltfreundliche Lösungen. So auch beim spacigen Technologiecenter in Esslingen: Mit einem intelligenten Foliendach, speziellen Fenstern und einer solarbetriebenen Kühlung wird es in den Gebäuden trotz Rundumverglasung auch im Sommer nicht zu heiß. Angenehme Arbeitsumgebung mit schöner Aussicht, aber trotzdem keine zu hohen Kosten für die Klimaanlage: das klingt nach baden-württembergischem Erfindergeist.
Schon seit Jahrzehnten öko
Auch bei ebm-papst in Mulfingen gilt der Grundsatz der Energieeffizienz quasi schon seit der Unternehmsgründung. „Jedes Produkt, das wir neu entwickeln, muss seinen Vorgänger ökonomisch und ökologisch übertreffen“ – so formulierte es Firmengründer Gerhard Sturm bereits vor Jahrzehnten. Damals war Ökologie noch ein echtes Nischenthema, heute könnte dieser Grundsatz kaum aktueller sein.
Das Unternehmen mit Hauptsitz im hohenlohischen Mulfingen hat das Motto des Gründers bis heute konsequent weiterverfolgt und weiterentwickelt. "Wir bezeichnen GreenTech als unsere Unternehmensleitlinie, die sukzessiv zur Unternehmenskultur werden soll“, erklärt Pressesprecher Hauke Hannig. „GreenTech bedeutet für uns, dass alle Prozesse, Produktionen und Produkte unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit betrachtet werden.“
Starke Nachfrage aus Boomstaaten
Nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in weltweit allen 18 Produktions- und 57 Vertriebsstandorten ist die Strategie des Elektromotor- und Ventilatorherstellers auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Dazu zählen nicht nur stromsparende Produkte, auch bei der Produktion setzt man auf ressourcenschonenden Umgang mit Materialien. Die stromsparenden Motoren sind dabei nicht nur im Energiewendeland Deutschland gefragt. Auch in den Boomstaaten wie Brasilien oder Indien nimmt der Energiebedarf ständig zu – und befeuert so auch die Nachfrage nach den energieeffizienten hohenlohischen Produkten. „Insbesondere in China bestätigt sich das“, sagt Hannig. So seien im aktuellen Fünf-Jahres-Plan der chinesischen Regierung Energieeffizienz und Ressourcenplanung berücksichtigt. „Wir erwarten eine stetig zunehmende Nachfrage an unseren energieeffizienten Motoren und Ventilatoren“, so Hannig.
Neben den energieeffizienten Produkten und der Produktion zeigt sich die GreenTech-Strategie des Mulfinger Unternehmens auch im Alltag der Mitarbeiter. So hat das Unternehmen seit langem einen Fahrdienst eingerichtet: 30 Buslinien holen täglich insgesamt rund 1.200 ebm-papst-Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb an 128 Haltestellen im Umkreis um Mulfingen ab und bringen sie umweltfreundlich und günstig zu ihrem Arbeitsplatz. Und auch die Azubis des Unternehmens werden gleich mit einbezogen: Als so genannte Energiescouts suchen sie mit Wärmebildkamera und Druckluftleckagemessgerät nach Energiesparpotenzialen in den Firmengebäuden.
Materialeffizienz für weniger Abfall und weniger Gewicht
Andere innovative Unternehmen setzen auf Materialeffizienz. So etwa die Firma Fiber Engineering aus Karlsruhe. Seit zehn Jahren beschäftigt sich das Unternehmen mit der Herstellung von Faserformteilen, die in verschiedensten Produkten verbaut werden: Als Dämmmaterial im Interieur und Motorraum von Autos, als Sitzpolster in Möbeln oder Autositzen oder sogar in der Textilindustrie.
„Das besondere bei unserem Verfahren ist, dass man damit Formteile mit minimalem Materialeinsatz herstellen kann“, sagt Geschäftsführer Egon Förster. Ähnlich wie beim Spritzguss werden die Fasern in eine Form eingeblasen und dort gepresst. Dabei fallen nicht nur weniger Reststoffe als beim sonst üblichen Standardverfahren an. „Wir können auch gezielt die Dichte der Teile beeinflussen“, so Förster, „und so deren Gewicht reduzieren.“ Das trage etwa bei Autos zum Spritsparen bei.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
Das Verfahren der Badener ist aber noch auf andere Weise ressourcenschonend. „Wir können damit sehr gut Recyclingmaterial verarbeiten“, so Förster. So habe er in letzter Zeit eine starke Nachfrage nach Formteilen aus recyceltem Carbon festgestellt. Das Material ist zum einen teuer, zum anderen schwer zu entsorgen – mit dem Verfahren der Karlsruher aber relativ einfach wiederzuverwenden.
Neben Recyclingmaterialien funktioniert die Technik auch mit Naturfasern von Flachs bis Kamelhaar und fast allen Kunstfaser. „Es gibt Anfragen aus dem In- und Ausland“, so Förster, „und die fast unendlichen Anwendungsmöglichkeiten, die sich ergeben, überraschen uns selbst immer wieder.“
Die drei vorgestellten Unternehmen stehen nur exemplarisch für eine große Zahl an Firmen aus Baden-Württemberg, die sich mit zukunftsweisenden Technologien beschäftigen: weniger Ressourceneinsatz, weniger Abfälle, weniger Energieverbrauch. Und der Erfolg zeigt: Weltweite Exportschlager und ökologische Modernisierung der Wirtschaft schließen sich nicht aus – sie gehen vielmehr Hand in Hand.