Schlösser und Gärten

„Extra schön“: die restaurierte Schlosskirche in Rastatt

„Extra schön und keineswegs schlechter als die Schlosszimmer.“ So hatte sich Markgräfin Sibylla Augusta die Schlosskirche des Residenzschlosses Rastatt gewünscht. Ideen dafür brachte sie von einer Romreise 1719 mit - ebenso wie zahlrei-che Reliquien, die in der Schlosskirche einen Platz finden sollten. Im Jahr darauf startete Hofbaumeister Michael Ludwig Rohrer die Bauarbeiten, 1723 war die Schlosskirche fertig. Heute ist sie ein authentisches Zeugnis barocker Frömmigkeit.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen an dem barocken Monument. Es gab bauliche Mängel, zwei Erdbeben gingen nicht schadlos vorbei. 1993 musste die Schlosskirche geschlossen werden. Doch bevor Restauratorinnen und Restauratoren sich ans Werk machen konnten, waren umfangreiche Untersuchungen nötig - eng abgestimmt mit der Denkmalpflege, mit Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Die Problemzone der Schlosskirche ist die Dachkonstruktion. Denn zwischen den beiden aneinanderstoßenden Satteldächern liegt die Entwässerungsrinne. Wieder und wieder drang Wasser ein. Das brachte Dachbalken zum Faulen und schadete dem Deckenfresko.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Ab 2006 wurde deshalb zunächst das Dach saniert. Der Dachstuhl wurde fachge-recht instandgesetzt. Die Statik des Gewölbes wurde verbessert, die Entwässerung erneuert und die Ziegel ausgetauscht. Für insgesamt elf Jahre wurde die Schlosskirche zur Baustelle.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Bis zum Jahr 2011 waren Spezialisten mit der Restaurierung des Deckenfreskos be-schäftigt. Das Gemälde zeigt die Auffindung und Verehrung des Heiligen Kreuzes. Im Fresko hat sich Markgräfin Sibylla Augusta verewigen lassen: Die Kaiserin Helena im Gemälde hat die Gesichtszüge der Regentin.
Foto: Diane Lanz, Emmendingen / Karin von Lerber, Winterthur
Eine Seltenheit sind die Pfeilerbehänge aus der Schlosskirche: aufwändig bestickt, mit Applikationen versehen. Nach Hunderten von Jahren waren sie längst nicht mehr weiß und zudem brüchig geworden.
Foto: Diane Lanz, Emmendingen / Karin von Lerber, Winterthur
Während der Bauarbeiten in der Schlosskirche wurden die 28 mehr als vier Meter langen Pfeilerbehänge ausgebaut und in der Werkstatt mit großem Aufwand und viel Fingerspitzengefühl restauriert.
Foto: Diane Lanz, Emmendingen / Karin von Lerber, Winterthur
Nach der Restaurierung dienen die original erhaltenen Textilien aus der Zeit Anfang des 18. Jahrhunderts wieder als Pfeilerbehänge. Zum Schutz der barocken Schmuckstücke wird seit der Sanierung der Schlosskirche das Raumklima mit Messfühlern gesteuert und der Lichteinfall per Knopfdruck geregelt. Hierfür wurden an einigen Fenstern zusätzliche elektrochrome Glasscheiben zur Verdunkelung installiert.
Foto: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim
Nach dem Dach und dem Deckenfresko machten sich die Restauratorinnen und Restauratoren an die Konservierung des Kircheninneren. Unter anderem überarbeiteten sie die Altarbilder. Die Alabastersäulen am Hochaltar sind von innen zu beleuchten.
Foto: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim
Was bereits restauriert war, wurde während der Arbeiten im Kircheninnenraum verhüllt - das schützte auch vor Staub.
Foto: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim
Im Herbst 2016 sind die Leuchten im Kirchenraum montiert worden. Deckenfresko, Hauptaltar und Seitenaltäre werden nun von LED-Technik ins rechte Licht gerückt.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Risse und Ablösungen hatte das Deckenfresko vor der Restaurierung. Behutsam wie alle Arbeiten an der Schlosskirche wurde das Gemälde erneuert. Es stammt von Johann Hiebel (1681-1755), einem Maler aus Süddeutschland, der vor allem in Prag arbeitete. Die Symbolik des Freskos ist eindeutig: der christliche Glaube triumphiert über die heidnische Religion.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Wie zu Markgräfin Sibylla Augustas Zeiten leuchtet die Schlosskirche des Residenzschlosses Rastatt nach der Restaurierung und Konservierung. Maximal 60 Personen finden in den Kirchenbänken Platz - das entspricht der Originalbestuhlung. Damit das empfindliche Kircheninnere noch lange erhalten bleibt, werden jedoch nicht mehr als 20 Besucherinnen und Besucher pro Führung eingelassen. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG) haben dafür ein Führungskonzept entwickelt.
Foto: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Ein „einzigartiges Ensemble“ nennt Finanzministerin Edith Sitzmann die Barockresidenz Rastatt mit der restaurierten und sanierten Schlosskirche. Am 30. Juni 2017 übergibt sie die Schlosskirche feierlich an die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Nach 24 Jahren verschlossener Türe ist die Kirche damit wieder geöffnet. Markgräfin Sibylla Augusta fände das sicherlich „extra schön“.
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