Am Anfang stehen Fragen, dann folgen etliche Gespräche und Verhandlungen und am Ende gibt’s rund 4.000 Seiten voller Antworten. Der Landeshaushalt sagt viel darüber aus, wohin das Land steuert. Wir beschreiben in 13 Schritten, wie er entsteht und wer daran beteiligt ist.
im Winter / Frühjahr
Ausgangspunkt für jeden neuen Staatshaushaltsplan für Baden-Württemberg ist die Mittelfristige Finanzplanung, ein Planungsinstrument für die Haushaltspolitik. Die Mittelfristige Finanzplanung gibt die vorgesehenen und voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Landes für die kommenden Jahre an. Auf dieser Basis werden zu Beginn der Planaufstellung die Ausgabenrahmen für die einzelnen Ressorts festgelegt. Das bedeutet, dass ein Korridor für das Kultusministerium beispielsweise mit den Ausgaben für Lehrerinnen und Lehrer festgelegt wird, einer für das Verkehrsministerium etwa mit den Ausgaben für die Sanierung von Straßen, einer für das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und so weiter.
Im sogenannten Planausschreiben bittet dann das Finanzministerium die einzelnen Ministerien, die geplanten Einnahmen und notwendigen Ausgaben für den neuen Staatshaushaltsplan zusammenzustellen. Den weitaus größten Teil der Ausgaben machen diejenigen aus, für die eine rechtliche oder vertragliche Verpflichtung besteht. Dazu gehören beispielsweise Kosten für Lehrerinnen und Lehrer, Polizei, Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte sowie alle anderen beim Land Beschäftigten und der kommunale Finanzausgleich, also das Geld für Städte und Gemeinden. Auch Posten wie die Betriebsausgaben für Justizvollzugsanstalten und die Zentren für Psychiatrie fallen darunter. Nur ein vergleichsweise geringer Anteil am gesamten Volumen eines Landeshaushalts ist frei verfügbar für politische Schwerpunktsetzungen.
im Frühjahr
Die Ministerien geben ihre sogenannten Voranschläge beim Finanzministerium ab. Das heißt, sie melden vorgesehene Einnahmen und Ausgaben für den neuen Staatshaushaltsplan an. Wo diese deutlich von den Korridoren aus der Mittelfristigen Finanzplanung abweichen, gibt es einen Austausch zwischen den Fachleuten aus dem Finanzministerium und den Haushaltsexperten und -expertinnen aus den einzelnen Ministerien. Ziel ist, dass die Korridore eingehalten werden und die voraussichtlich zur Verfügung stehenden Einnahmen für alle Aufgaben der Ministerien ausreichen.
Was über diese Korridore hinausgeht und auch das, worüber sich die Fachleute nicht einigen können, kommt auf eine eigene Liste: die Liste der Mehranforderungen. Über diese zusätzlichen Ausgaben entscheiden die Landesregierung und letztlich der Haushaltsgesetzgeber, also der Landtag von Baden-Württemberg.
Zweimal im Jahr kommt der Arbeitskreis Steuerschätzung zusammen: im Frühling, üblicherweise im Mai, und im Herbst, meist im Oktober. Die Fachleute aus dem Bundesfinanzministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium, aus Länderfinanzministerien, von Wirtschaftsforschungsinstituten, kommunalen Spitzenverbänden, Deutscher Bundesbank und dem Statistischen Bundesamt geben gemeinsam eine Prognose für die Steuereinnahmen von Bund und Ländern ab. Sie beziehen sich dabei auf das gerade laufende Jahr sowie vier (im Frühling) oder fünf (im Herbst) Folgejahre.
Die Ergebnisse werden anschließend für die Steuereinnahmen der einzelnen Bundesländer heruntergerechnet. Die Ergebnisse der Steuerschätzung für Baden-Württemberg fließen in Eckpunkte für einen neuen Staatshaushaltsplan ein.
Die Einnahmen sind die Grundlage für die Ausgaben und entscheiden daher letztlich über die Höhe des Haushaltsvolumens, das zur Verfügung steht.
im Frühsommer
Der Rahmen für einen neuen Staatshaushaltsplan wird zunächst in Eckpunkten festgesteckt: Wie viel Geld steht für strukturelle Mehrausgaben bereit, die sich über ein einzelnes Jahr hinaus auswirken? Wie viel Geld ist für zwangsläufige Mehrausgaben nötig, beispielsweise wegen geänderter gesetzlicher Vorgaben? Wie viele Mittel sind für Ausgaben vorgesehen, die nur einmal anfallen? Gibt es Einsparvorgaben? In einem Deckungskonzept werden Einnahmen und Ausgaben einander gegenübergestellt. Dabei gilt immer: Die Höhe der Ausgaben muss der Höhe der Einnahmen entsprechen, beide Positionen müssen deckungsgleich sein. Das Deckungskonzept ist Teil der Eckpunkte. Über die Eckpunkte entscheidet die Landesregierung.
Siehe auch Pressemitteilung vom 20. Juli 2021: Eckpunkte für den Landeshaushalt 2022 beschlossen
im Sommer
Im Sommer starten die politischen Gespräche über einen neuen Staatshaushaltsplan. Der Finanzminister berät einzeln mit den Ministerinnen und Ministern über deren jeweiligen Haushaltsplan. Dabei geht es vor allem um Mehranforderungen, die über die finanziellen Korridore für die einzelnen Ministerien hinausgehen, und um die Prioritäten für die Ministerien.
im Sommer
Über politische Schwerpunkte im gesamten Staatshaushaltsplan und ministerienübergreifende Themen berät die Haushaltskommission der Koalition, kurz: HKK. In dem Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung sowie der Regierungsfraktionen wird der Entwurf des Staatshaushaltsplans vorabgestimmt.
im Sommer
Die finanziellen Beziehungen zwischen dem Land Baden-Württemberg, den Gemeinden, Städten und Landkreisen sind eng. Allerdings sitzen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Oberbürgermeister und Oberbürgermeisterinnen, die Landräte und Landrätinnen weder am Kabinettstisch der Landesregierung, wo sie über den Staatshaushaltsplan sprechen könnten, noch sind sie im Landtag vertreten. Damit ihre Interessen dennoch berücksichtigt werden können, gibt es die Gemeinsame Finanzkommission. Sie ist paritätisch mit drei Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung sowie der kommunalen Landesverbände (Gemeindetag Baden-Württemberg, Städtetag Baden-Württemberg, Landkreistag Baden-Württemberg) besetzt und legt der Landesregierung und dem Landtag Empfehlungen zur Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen vor.
nach der parlamentarischen Sommerpause
Die Zeit nach der parlamentarischen Sommerpause und den Ferien ist traditionell die Zeit der Klausurtagungen der im Landtag vertretenen Fraktionen. In Jahren, in denen ein neuer Staatshaushaltsplan aufgestellt wird, spielt dieser üblicherweise eine große Rolle dabei.
im Spätsommer
Auf Basis der Eckpunkte zum neuen Staatshaushaltsplan und der Beratungen in verschiedenen Gremien und Konstellationen wird der Regierungsentwurf des Staatshaushaltsplans vom Finanzministerium erstellt und von der Landesregierung beschlossen.
im Oktober / November
Der Arbeitskreis Steuerschätzung gibt die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung bekannt. Diese aktuellen Werte sind noch nicht Bestandteil des Regierungsentwurfs des Staatshaushaltsplans.
Siehe auch Pressemitteilung vom 15. November 2021: Steuerschätzung: Einnahmen steigen
im November / Dezember
Mit einer Haushaltsrede vor den Abgeordneten bringt der Finanzminister den Regierungsentwurf des Staatshaushaltsplans in den Landtag ein. Damit starten die parlamentarischen Beratungen über den Staatshaushaltsplan. Zwei Wochen nach der Haushaltsrede des Finanzministers debattieren die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über den gesamten Haushaltsentwurf.
Darauf folgen die detaillierten Gespräche im Finanzausschuss des Landtags von Baden-Württemberg. In dem Gremium werden die Haushaltspläne der einzelnen Ministerien nach und nach besprochen. Die Fraktionen beantragen Änderungen, wo sie Änderungsbedarf sehen. Auch die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung können über einen Änderungsantrag der Fraktionen noch in den neuen Staatshaushaltsplan eingefügt werden. Wie schon im Finanzausschuss wird auch im Plenum des Landtags über die Pläne der einzelnen Ministerien debattiert, das geschieht bei der zweiten Beratung. Dabei kommen auch die Ministerinnen und Minister zu Wort.
im Dezember
In der dritten Beratung des Landtags beschließen die Abgeordneten über die Änderungen und den gesamten Staatshaushaltsplan. Anschließend fertigt der Ministerpräsident den Staatshaushaltsplan aus. Das bedeutet: Er unterzeichnet ihn. Damit bestätigt er den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens. Der Staatshaushaltsplan kann nun im Gesetzblatt veröffentlicht werden.
ab Januar
Das Staatshaushaltsgesetz mit dem Staatshaushaltsplan tritt in Kraft. Jetzt können die darin beschlossenen Projekte vollzogen werden.