Steuern

Zwischenstand der Überprüfung der Lohnsteuerzahlungen des Landesamts für Besoldung und Versorgung enthüllt weitere gravierende Fehler

Berechne Lesezeit
  • Teilen

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat nicht nur - wie bereits in der Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 22. Februar berichtet - Lohnsteuer zwischen 2008 und 2014 doppelt abgeführt. Vor 2008 wurden nach vorläufigen Erkenntnissen Lohnsteuerbeträge nicht abgeführt. Das zeigen Zwischenergebnisse der Revisionsgruppe, die seit gut drei Wochen die Vorgänge im Landesamt im Detail aufarbeitet.

„Dass die dafür zuständige Landesbehörde Lohnsteuer offenbar nicht korrekt abgeführt hat, hätte nicht passieren dürfen“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann nach der Sitzung des Finanzausschusses in Stuttgart. Im Ausschuss des Landtags hatte sie die ersten Zwischenergebnisse der eingesetzten Revisionsgruppe vorgestellt.

Die Zwischenergebnisse im Überblick

  • Die vom LBV ermittelte Summe für die Doppelanmeldung von 91 Millionen Euro wurde von der   fünfköpfigen Revisionsgruppe auf 95,7 Millionen Euro korrigiert, was auf Übertragungsfehler bei der ersten Berechnung des LBV zurückzuführen ist.
  • Im LBV waren die Vorgänge der Doppelzahlung zwischen 2008 und 2013 von der zuständigen Stelle noch im Jahr 2013 weitgehend aufgearbeitet, aber hausintern nicht weitergegeben worden. Auch das Finanzministerium wurde nicht informiert.
  • Es gab 2014 und 2015 weitere Rechen- und Übertragungsfehler, bei denen am Ende saldiert rund 3 Millionen Euro zu viel abgeführte Lohnsteuer stehen blieben. Diese wurden bereits zurückgefordert.
  • Die Prüfer stellten zudem 141 Millionen Euro mehr auf einem Buchungskonto fest, als es hätten sein dürfen. In diesem Zusammenhang konnte für 2006 und 2007 vorläufig ermittelt werden, dass jeweils im Monat Januar 20 beziehungsweise 21 Millionen Euro Lohnsteuer zu wenig abgeführt wurden. Die Aufklärung für den Zeitraum vor 2006 ist schwierig, weil Unterlagen nicht mehr vollständig vorliegen. Sie dauert an. Es besteht die Möglichkeit, dass - wie 2006 und 2007 allem Anschein nach geschehen - weitere 100 Millionen Euro nicht abgeführt wurden.


„Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Vorgänge für die Doppelzahlung bereits 2013 im LBV intern in kleinem Kreis aufgearbeitet wurden. Allerdings wurden die gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertet. Das hat mich erschüttert. Wir haben deshalb die Staatsanwaltschaft informiert“, so Sitzmann. Es sei nicht einfach, die Hintergründe für die falschen Zahlungen nach so vielen Jahren im Detail aufzuklären.

Warum die falschen Steuerzahlungen nicht bemerkt wurden, scheint nach derzeitigen Erkenntnissen an nicht eingehaltenen beziehungsweise fehlenden Prüfmechanismen zu liegen: „Es gab hier offenbar kein Vier-Augen-Prinzip bei den Buchungen. Darüber hinaus wurde kein ordnungsgemäßer Jahresabschluss für die betroffenen Buchungskonten gemacht. Die Revisionsgruppe hat schon in kurzer Zeit richtig gute Arbeit geleistet“, sagte Sitzmann.

Das LBV sei diese Woche angewiesen worden, sämtliche Geschäftsprozesse umgehend zu überprüfen, mögliche Fehlerquellen abzustellen und dem Finanzministerium zu berichten. „Wenn ein Abschlussbericht der Revisionsgruppe vorliegt, werden wir auf dieser Basis organisatorisch alles Nötige in die Wege leiten, um falsche Zahlungen für die Zukunft auszuschließen“, kündigte die Ministerin an. Die Finanzbehörden hatten bei der Lohnsteuerprüfung im LBV bemängelt, dass ein Abgleich der Daten über die IT-Systeme des LBV nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sei. Offen ist derzeit, warum die Anforderungen des Finanzamts zuletzt vom LBV immer noch nicht vollständig umgesetzt wurden. Ebenso wird noch geklärt, warum die Steuerverwaltung die vermutlich nicht abgeführte Lohnsteuer bei ihren Prüfungen nicht entdeckt hat.

Noch vor der Sommerpause soll die Aufarbeitung des gesamten Komplexes abgeschlossen sein. „Ich hoffe, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBV von den Vorgängen nicht verunsichern lassen“, so Sitzmann. Auch wenn die Fehler gravierend waren, verbiete sich ein Pauschalurteil über das Landesamt als Ganzes.

Hintergrund
Dem Finanzministerium waren im Sommer 2017 beim Erheben der Daten für die Vermögensrechnung rechnerische Unstimmigkeiten aufgefallen. Daraufhin wurde die Prüfung eines Buchungskontos beim LBV veranlasst.

Das LBV übernimmt als Dienstleister Gehaltsabrechnungen für verschiedene öffentliche Einrichtungen in einer Vertragspartnerschaft. In diesem Zusammenhang hatte das LBV - ordnungsgemäß - die Lohnsteuer bei den jeweiligen Finanzämtern der Betriebsstätten der Vertragspartner angemeldet und bezahlt. Zusätzlich sind die Beträge beim Finanzamt Stuttgart Körperschaften manuell angemeldet worden und wurden erneut an die Finanzkasse überwiesen.

Die voraussichtlich nicht bezahlte Lohnsteuer in den Jahren vor 2008 ist ein zusätzlicher Komplex, der erst durch die Ermittlungen der Revisionsgruppe aufgedeckt wurde. Bislang sind keine Zusammenhänge mit den doppelten Lohnsteuerzahlungen zwischen 2008 und 2013 erkennbar.

Weitere Meldungen

Podcast

Was können wir von Matthias Erzberger lernen? – mit Prof. Wolfram Pyta

Portrait von Finanzminister Dr. Danyal Bayaz
Steuerschätzung

Land kann mit Steuerplus rechnen

Historische Schwarz-Weiß-Aufnahme von Matthias Erzberger, sitzend an einem Schreibtisch mit Aktenstapel, aufgenommen in einem Innenraum. Foto aus dem Bundesarchiv.
Rede

Steuerreform als Staatsreform – Matthias Erzbergers Vermächtnis

Finanzminister Danyal Bayaz steht vor dem Kunstgebäude am Schlossplatz in Stuttgart, angelehnt an eine Glasfassade, die Details der Gebäudestruktur widerspiegelt.
Haushalt

Land schnürt Milliardenpaket für die Kommunen

Green Bond BW
Green Bond BW

Fünfter Green Bond: Land steigert Volumen erneut

Porträt von Diana Marquardt, neue Amtsleiterin des Amts Ulm von Vermögen und Bau Baden-Württemberg (links), und Simon Schneider, neuer Amtsleiter des Staatlichen Hochbauamts Ulm im Bundesbau Baden-Württemberg (rechts), aufgenommen in Ulm.
Personal

Neue Leitungen bei Vermögen und Bau Ulm und beim Staatlichen Hochbauamt Ulm

Podcast

Was muss sich in der Steuerverwaltung ändern, Florian Köbler?

Außenansicht Polizeireviers in Horb am Neckar
Vermögen und Bau

Feierliche Übergabe des Polizeireviers in Horb am Neckar

Baubeginn Visualisierung des Stalls Domäne Hochburg
Vermögen und Bau

Neuer Milch- und Jungviehstall für die Staatsdomäne Hochburg Emmendingen

Screenshot vom Digitaler Geschäftsbericht 2024 der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg
Digitaler Geschäftsbericht

Geschäftsbericht 2024 von Vermögen und Bau Baden-Württemberg ist online

Ökostrom Photovoltaikanlage

Land bei Strombeschaffung für 2025 Spitze im Bundesvergleich

Oberfinanzpräsident Bernd Kraft (links) und Finanzstaatsekretärin Gisela Splett (rechts)
Steuern

Bilanz der Steuerverwaltung 2024: Erfolgreiches Vorgehen gegen Steuerbetrug

Visualisierung des fünften Bauabschnitt der Sanierung des Bildungs- und Beratungszentrums für Hörgeschädigte
Vermögen und Bau

Sanierung des Bildungs- und Beratungszentrums für Hörgeschädigte

Podcast

Wie retten wir das Vertrauen in Politik und Staat, Hendrik Wieduwilt?

Luftaufnahme des neuen Büro- und Laborgebäudes der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) in Karlsruhe mit begrünten Dachflächen und Photovoltaikanlagen, umgeben von weiteren Bürogebäuden und Grünflächen.
Hochbau

Neues Büro- und Laborgebäude für die Landesanstalt für Umwelt