Die baden-württembergische Steuerverwaltung hat im Jahr 2019 rund 87 Milliarden Euro Steuereinnahmen verbucht. Allein 43,2 Milliarden Euro Steuern wurden bei der Lohnsteuer eingenommen. Über 4 Millionen Fälle an Einkommensteuer- und Arbeitnehmerveranlagungen gingen ein. „Die Zahlen des Jahres 2019 liegen damit erneut auf Rekordniveau. Der hohe Beschäftigungsgrad und die niedrige Arbeitslosigkeit spiegeln sich darin wider“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann. „Diese Entwicklungen sind jedoch durch die Corona-Pandemie jäh gestoppt worden.“
Zur Abfederung der Auswirkungen wurde in kürzester Zeit eines der größten steuerlichen Hilfspakete geschnürt. „Allein Stundungen und Herabsetzungen von Steuerzahlungen wurden bislang in Höhe von über 6,6 Milliarden Euro in Anspruch genommen“, so die Ministerin. „Das hat den Unternehmen in Baden-Württemberg wichtige Liquidität verschafft.“ Entscheidend sei, dass die Steuerverwaltung die Hilfen unbürokratisch und schnell umsetzt.
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzverwaltung haben die Aufgaben mit großem Engagement bewältigt“, sagte Oberfinanzpräsident Hans-Joachim Stephan. „Sie haben in dieser außergewöhnlichen Situation viel Flexibilität bewiesen.“ So hätten die Prüferinnen und Prüfer des Außendienstes im Innendienst ausgeholfen und damit auch erreicht, dass die vielen Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen zeitnah bearbeitet werden konnten. Auch gebe es im Vergleich zum Vorjahr keine Bearbeitungsrückstände bei den Einkommensteuererklärungen.
„Unsere konsequente Digitalisierung der Steuerverwaltung in den vergangenen Jahren hat uns in der aktuellen Situation große Vorteile gebracht“, so Sitzmann. Der Steuerchatbot, der rund um die Uhr für Fragen zur Verfügung steht, konnte nach der Schließung der Ämter für den Publikumsverkehr Lücken im Serviceangebot schließen. „Die Zugriffszahlen beim Chatbot sind während der Corona-Pandemie merklich gestiegen“, sagte Stephan. Die Entwicklung neuer digitaler Formate in der Finanzverwaltung wurde beschleunigt. In einigen Ämtern wurde im vergangenen Jahr ein Terminvereinbarungssystem zur Vermeidung von Wartezeiten erfolgreich getestet. „Ab heute bieten alle Finanzämter in Baden-Württemberg die Möglichkeit an, online einen Termin zu reservieren“, sagte die Finanzministerin. „Alles was man dazu braucht, sind die Steuernummer und einen Kalender.“ Dies sei auch in Bezug auf die Pandemie ein wichtiger Aspekt, da weniger Wartende in geschlossenen Räumen auch ein geringeres Infektionsrisiko bedeuten würden. Hierzu tragen auch Videokonferenzsysteme bei, die ebenfalls in einigen Ämtern erfolgreich ausprobiert wurden. „Wir haben Ende Juli Mittel bewilligt, damit die baden-württembergischen Finanzämter flächendeckend mit Videokonferenzsystemen ausgestattet werden können“, sagte die Ministerin. „Damit können wir den Weg der Digitalisierung weiter ausbauen und uns zukunftsfest aufstellen“, fügte Stephan hinzu.
„Die Corona-Pandemie wird noch lange Auswirkungen auf die Bevölkerung haben. Oftmals haben gerade Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen besonders zu kämpfen. Daher werde ich eine Initiative in den Bundesrat einbringen, um für diese Einkommensgruppen eine spürbare Entlastung zu erreichen“, sagte Sitzmann: „Der Solidaritätszuschlag sollte vollständig und rückwirkend zum 1. Januar 2020 abgeschafft werden.“ Dies sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten, da die Teilabschaffung erhebliche Risiken berge. Im Gegenzug sollte der Einkommensteuertarif so gestaltet werden, dass die Abschaffung kleinere und mittlere Einkommen entlastet und für die oberen Einkommen keine große Entlastung mit sich bringt. Zusätzlich sollte der Arbeitnehmerpauschbetrag von derzeit 1000 Euro auf 1500 Euro erhöht werden. „Damit würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: In einer wirtschaftlich schwierigen Situation würde das zusätzliche Einkommen wichtige Impulse bei der Nachfrage setzen. Die Erhöhung des Pauschbetrages würde zudem deutlich zum Bürokratieabbau beitragen“, sagte Sitzmann. Nicht zuletzt könnten damit Ausgaben fürs Homeoffice abgegolten werden - und das in einer Zeit, in der das Arbeiten von zu Hause für viele Menschen Alltag ist.