„Der Staat muss den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Steuergerechtigkeit nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch beim Vollzug des Steuerrechts entsprechen. Bei den tatsächlichen Gegebenheiten einer Massenverwaltung ist dies eine große Herausforderung, der sich die Steuerverwaltungen der Länder schon immer angenommen haben und sich auch weiterhin annehmen werden. Ein kaum steuerbarer Verwaltungsgigant in Forum einer Bundessteuerverwaltung wäre sicherlich bürokratischer, aber bestimmt nicht effizienter als das bestehende Modell.“ Dies sagte Finanzminister Gerhard Stratthaus am Dienstag (6. Mai 2008) in Berlin anlässlich einer Veranstaltung der Deutschen Steuergewerkschaft zum Thema „Ansätze zur Optimierung des Steuervollzugs“.
Die Behauptung des Bundes, bei einer zentralisierten Steuerverwaltung werde alles besser, sei durch nichts belegt. "Die angeblich durch eine Zentralisierung erreichbaren zusätzlichen Steuereinnahmen beruhen auf nicht haltbaren Annahmen. Der zentralistische Ansatz einer Bundessteuerverwaltung hätte eine Schwächung des Föderalismus insgesamt zur Folge. Die Länder würden zu Kostgängern des Bundes ohne eigene Einnahmenerhebung und könnten so auch kaum noch konstruktiv an der Steuergesetzbebung mitwirken“, betonte Stratthaus. Auch der Bund sei in den Verhandlungen der Föderalismuskommission II inzwischen von der Maximalforderung einer Bundessteuerverwaltung wieder abgerückt. Die jetzigen Vorschläge des Bundes seien aber ebenfalls in wesentlichen Punkten nicht akzeptabel. Eine vollständige Übertragung der Groß- und Konzernbetriebsprüfung auf den Bund würde die Zuständigkeiten spalten. „Dies wäre deutlich ineffizienter und dürfte die Realisierung von Steueransprüchen erheblich verzögern“, erläuterte Stratthaus.
Der Finanzminister sprach sich insbesondere gegen das vom Bund angestrebte allgemeine fachliche Weisungsrecht des Bundes ohne Mitwirkung der Länder aus. Ein solches System wäre noch nachteiliger als eine reine Bundessteuerverwaltung. „Die Länder hätten die Kosten der Steuerverwaltung zu tragen, obwohl über den Steuervollzug dann der Bund alleine bestimmen würde. Das ist inakzeptabel“, betonte Stratthaus. Es sei wichtig, den Steuervollzug durch die Steuerverwaltungen der Länder weiter zu verbessern.
Stratthaus wies auf das föderal abgestimmte Modernisierungskonzept hin, das die Finanzminister der Länder auf der Jahresfinanzministerkonferenz 2007 beschlossen hätte. Ziel sei es dabei, den Steuervollzug noch moderner und effizienter zu gestalten. Dabei gehe es vor allem um ein stringentes Risikomanagement, die Optimierung des steuerlichen E-Government-Projekts ELSTER und um die Einführung eines modernen standardisierten Verwaltungscontrollings. Bei der Umsetzung dieser drei Kernbereiche komme den beiden IT-Großprojekten KONSENS und ELSTER eine wesentliche Bedeutung zu. „Beim Risikomanagement geht es vor allem um die Ausweitung und Verbesserung automationsgestützter, risikoorientierter Fallauswahlsysteme. Damit wollen wir eine realitätsgerechte Gewichtung und damit ein hohes Maß an Effizienz erreichen“, erläuterte der Minister. Ein modernes, standardisiertes Verwaltungscontrolling ermögliche unter anderem den länderübergreifenden Vergleich ganzer Arbeitsbereiche und damit eine sinnvolle länderübergreifende Verwaltungssteuerung. Mit dem beschlossenen föderalen Modernisierungskonzept der Länder werde der richtige Weg eingeschlagen. „Für gravierende Einschnitte in die bestehenden föderalen Strukturen besteht hingegen überhaupt kein Raum“, sagte Finanzminister Gerhard Stratthaus abschließend.
Quelle:
Finanzministerium Baden-Württemberg