Haushalt

Einbringungsrede des Finanzministers zum Haushalt 2023/2024

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Finanzminister Dr. Danyal Bayaz hält seine Einbringungsrede zum Haushalt

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

als wir im vergangenen Jahr den Haushalt 2022 debattiert haben, da überwog die Zuversicht, dass wir die Pandemie und mit ihr die verbundene Wirtschaftskrise zu weiten Teilen überstanden hatten.

Die ökonomischen Folgen konnten wir so gut es geht begrenzen. Und wir konnten mit vorsichtiger Zuversicht, ja auch mit Hoffnung nach vorne blicken.

Mit einer Mischung aus Vorsorge, Konsolidierung und Zukunftsinvestitionen wollten wir dieses Jahr robust und dynamisch aus der Krise kommen. Trotz der widrigen Umstände ist uns das bislang auch ganz gut gelungen.

Aber die kommenden Monate werden nicht einfach. 2022 wurde nicht das Jahr des dynamischen Aufbruchs, 2022 ist das Jahr des direkten Übergangs von einer Mega-Krise zur nächsten. Und diese Krise wird uns lange begleiten.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine und seine Folgen sind dabei eine sehr viel größere politische und wirtschaftliche Herausforderung als die Bewältigung der Pandemie.

Dieser Krieg bedroht unsere europäische Friedensordnung, er bedroht unser erfolgreiches Wirtschaftsmodell - und damit bedroht er unseren Wohlstand, unsere Freiheit und unsere gemeinsamen Werte.

Und auch wenn wir uns eigentlich gewünscht hatten, mit diesem Doppelhaushalt endlich die Krise hinter uns zu lassen, rauszukommen aus dem Krisenmodus - so müssen wir anerkennen, weiter Haushaltspolitik unter Krisenbedingungen machen zu müssen.

Wir müssen diese Krise annehmen und dabei verinnerlichen, dass sie uns mehr als nur das nächste Jahr beschäftigen wird.

Der Doppelhaushalt 2023/2024 wird ein besonders schwieriger Haushalt.

  • Wir hatten selten einen so hohen Investitionsbedarf,
  • wir hatten selten einen so hohen Entlastungsbedarf,
  • und wir haben zusätzlich einen hohen Konsolidierungsbedarf.

Das alles, also investieren, entlasten und konsolidieren, das müssen wir in einer Zeit höchster Unsicherheit stemmen. Wir wissen heute nicht, ob es in diesem oder dem nächsten Winter zu einer Gasmangellage kommt.

Deswegen müssen wir Risiken vorbeugen und Vorsorge treffen. Wir können nicht alle noch so guten Ideen und noch so guten Pläne mit diesem Haushalt umsetzen.

Wir haben klar priorisiert und wir können dennoch mit 121 Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren planen. Das ist kein Sparhaushalt, das ist ein fokussierter, ein verantwortungsvoller Haushalt - ich finde: der richtige Haushalt in dieser Krise, liebe Kolleginnen und Kollegen.

In Krisenzeiten müssen die dringlichen Dinge erledigt werden, ohne dass die wichtigen, die strategischen Herausforderungen vergessen werden. Nur so bewahren wir langfristig unseren Wohlstand, die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit unseres Landes - und damit auch unseren sozialen Zusammenhalt im Land.

Der Ernst unserer Lage ist auch in Zahlen ablesbar.

Die Bekämpfung der Pandemie hat im Landeshaushalt Spuren hinterlassen, tiefe Spuren. Die Verschuldung des Landes ist hierdurch in 2020 und 2021 um fast 15 Milliarden Euro gestiegen.

Hinzu kommen aktuell rund 135.000 Geflüchtete aus der Ukraine, die seit dem russischen Angriff auf ihr Land nach Baden-Württemberg gekommen sind. Darunter sind etwa 50.000 Kinder und Jugendliche, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, um bei uns Schutz zu suchen. Das sind in acht Monaten mehr Menschen, als 2015 und 2016 zu uns gekommen sind.

Für uns als Land und für unsere Städte und Gemeinden war und ist das eine enorme Herausforderung. Die Menschen brauchen nicht nur eine Unterkunft. Sie brauchen auch medizinische oder psychologische Betreuung. Die Kinder benötigen Plätze in unseren Kitas und Schulen - die Studenten an unseren Universitäten. Und für all das braucht es Personal, Räume und finanzielle Mittel.

Angesichts der angespannten Lage in den übrigen Krisenregionen der Welt kommen aber auch aus anderen Ländern vermehrt Menschen zu uns. Davon betroffen ist nicht nur Baden-Württemberg. Deutschlandweit kommen Länder und Kommunen an ihre Grenzen.

Die Situation der ukrainischen Geflüchteten ist das eine. Sie sind direkt vom Terror Russlands betroffen. Es ist selbstverständlich und es ist unsere humanitäre Verantwortung, ihnen bei uns Sicherheit und Schutz zu bieten.

Denn unsere Kosten lassen sich in Euro beziffern. Die Menschen aus der Ukraine zahlen hingegen mit dem Verlust ihrer Existenzen, mit Entwurzelung und tausende haben den russischen Imperialismus mit ihrem Leben bezahlt. 

Und da gebieten es Anstand und Menschlichkeit, an unserer Unterstützung keinerlei, keinerlei (!) Zweifel aufkommen zu lassen, meine Damen und Herren.

Ich will aber auch sagen, dass wir bei einer fairen Verteilung der Lasten auch den Bund nicht aus seiner Verantwortung lassen können. Es gibt eine klare Zusage für eine Anschlussfinanzierung der Nicht-Ukrainischen Geflüchteten, da werden die Länder bislang komplett alleine gelassen. Und da braucht es jetzt bei der anstehenden MPK nächste Woche endlich mal eine Lösung - von mir aus auch mit einem Machtwort, wieder mal mit einem Machtwort des Bundeskanzlers.

Aber auch unsere Bürgerinnen und Bürger sind von den Folgen des Krieges betroffen. Ich habe den Entlastungsbedarf angesprochen. Er betrifft die Menschen ebenso wie die Unternehmen bei uns im Land.

Im vergangenen Monat lag die Inflationsrate bei zehn Prozent. Alle werden dadurch ärmer.

Treiber dieser Inflation ist der Rohstoffkrieg Russlands. Schon vor dem Angriff auf die Ukraine hat Putin diesen Krieg begonnen. Der russische Präsident und die russischen Staatsunternehmen haben eigene Rohstoffe, allen voran Gas, geopolitisch eingesetzt.

Dabei möchte ich die Bundesregierung auch ausdrücklich loben. Die Geschwindigkeit, in der es gelingt, Deutschland aus der fatalen Abhängigkeit von russischen Rohstoffen zu befreien, ist beeindruckend. Davor habe ich Respekt, und das verdient unsere Anerkennung, allen voran gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister!

Ich habe vom Dringlichen und vom Wichtigen gesprochen. In unserer Situation steht es außer Frage, dass wir unsere Bürgerinnen und Bürger entlasten. Das gleiche gilt für unsere Unternehmen, gerade kleine und mittlere Unternehmen. Beides ist dringlich.

Die Energiekrise trifft Menschen und Unternehmen mit voller Wucht. Die Existenzsorgen reichen bis weit in die Mittelschicht hinein.

Einige meinten ja noch kurz vor Kriegsbeginn North Stream sei keine politische, sondern eine rein geschäftliche Angelegenheit. Die starke Abhängigkeit von russischem Gas hat uns stark verwundbar gemacht.

Daher hat die Bundesregierung ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 1,4 Prozent deutlich reduziert - und im nächsten Jahr auf - 0,4 Prozent. Dies bedeutet, dass die deutsche Wirtschaft in den nächsten 2-3 Quartalen in die Rezession abrutschen wird. Gleichzeitig wird die Inflation auch 2023 weiterhin hoch sein, laut Prognose bei 7 Prozent.

In der aktuellen Situation geht es deswegen zuerst um Krisenbewältigung und Risikomanagement.

Diese Krisenbewältigung muss effektiv und passgenau sein. Die Pandemie hat die öffentlichen Haushalte stark belastet. Hilfen mit der Gießkanne können wir uns nicht auf Dauer leisten.

Ebenso können wir uns nicht leisten, dass wie in der Pandemie angekündigte November- oder Dezember-Hilfen für Unternehmen erst irgendwann im Frühjahr fließen. Das sage ich in Richtung Berlin. Auf die Idee einer Gaspreisbremse hätte man früher kommen können, vielleicht früher kommen müssen.

Im Sommer habe ich einen Vorschlag mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm zu einer intelligenten Gaspreisbremse vorgelegt. Ein fast identischer Vorschlag kommt jetzt von der Gaskommission und der muss jetzt ohne Verzögerung umgesetzt werden.

Davon wird abhängen, wie schwer eine mögliche Rezession im kommenden Jahr sein wird. Auch die Ministerpräsidentenkonferenz hat das zuletzt bekräftigt. Und wenn jetzt auch er Kanzler in Aussicht stellt, dass das Instrument schon im Januar, wenn noch geheizt wird, und nicht erst im März kommt, dann bewegt sich da was in die richtige Richtung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Als Land werden wir unseren Anteil an den Hilfspaketen tragen.

Das haben wir für die ersten beiden Entlastungspakete bereits getan. Obwohl Maßnahmen wie Tankrabatt oder Umsatzsteuersenkungen alles andere als zielgenau und effektiv sind.

Aber Dinge wie die Energiepreispauschale oder Einmalzahlungen an Leistungsempfänger sind ebenso sinnvoll, wie die von uns vorgeschlagenen Erhöhungen des steuerlichen Grundfreibetrags und des Arbeitnehmerpauschbetrags. Das kommt bei den Menschen an und mildert die Folgen der Inflation. In unserem Regierungsentwurf haben wir für Steuersenkungen 460 Millionen Euro als Mindereinnahmen einkalkuliert.

Heute wissen wir, dass das bei weitem nicht ausreichen wird, das von der Bundesregierung geplante dritte Entlastungspaket zu finanzieren. Wir müssen nach der Herbststeuerschätzung diese Woche nachjustieren, so viel steht heute schon fest. Und wir haben erste Hinweise, dass die Zahlen ganz gut aussehen. Aber noch immer bestehen viele Unsicherheiten, noch gibt es keine faire Verständigung über die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern.

Das geplante dritte Entlastungspaket des Bundes wird das Land und seine Kommunen in den kommenden beiden Jahren nach ersten Prognosen mit etwa 4,8 Milliarden Euro belasten. Das schütteln wir nicht einfach so aus dem Ärmel.

Es gebieten Respekt und der Ernst der Lage, dass wir frühzeitig in Pläne einbezogen werden, für die wir mit bezahlen sollen. Und nicht aus der Zeitung erfahren. Ansonsten ist seriöse und verlässliche Finanzpolitik schlicht nicht möglich.

Zur Transparenz und Verlässlichkeit gehört auch ein seriöser Umgang mit der Schuldenbremse. Ich kann als Finanzminister heute nicht seriös sagen, ob wir krisenbedingt in den kommenden beiden Jahren auf die Ausnahmekomponente unserer Schuldenbremse komplett verzichten können. Was ich sagen kann ist, dass wir mit diesem Haushaltsentwurf unser Bestes dafür geben, dass uns das gelingt.

Ob wir es schaffen werden hängt von der weiteren Entwicklung der Energiekrise ab. Wenn die Krise zu einer Gasmangellage führt, kann es eng werden. Darüber muss offen gesprochen werden.

Die Schuldenbremse ist darauf ausgerichtet, dass der Staat auch in extremen Ausnahmesituationen handlungsfähig bleibt. Damit werden wir verantwortungsvoll umgehen.

Ich glaube, da unterscheiden wir uns auch ein stückweit vom Bund. Die Schuldenbremse nur auf dem Papier einhalten und mit Schattenhaushalten und Sondervermögen jonglieren. Oft ist es ja so, dass diejenigen, die die Schuldenbremse vermeintlich am stärksten hochhalten, sie in Wahrheit durch trickreiches Umgehen am meisten beschädigen. Jeder muss für sich entscheiden, welchen Weg er gehen möchte. Aber unser Weg ist das nicht und ich finde, das ist auch richtig so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Eine weitere Lehre aus der Pandemie ist, dass eine Vielzahl an bundeslandspezifischen Wirtschaftshilfen nicht zwingend hilfreich und sinnvoll sind. Auch deswegen hat das gemeinsame Handeln von Bund und Ländern in dieser Krise absolute Priorität.

Solange die geplanten Maßnahmen und Hilfsprogramme des Bundes noch in der Schwebe sind, sind parallele Aktivitäten der Länder nicht sinnvoll.

Wir sehen aber die Not vieler Betriebe, z.B. bei den Bäckereien. Und für uns ist klar: Wenn es blinde Flecken und Leerstellen bei den Bundeshilfen geben sollte, werden wir als Land nachsteuern und unterstützen. Das steht außer Zweifel.

Und dank unserer vorausschauenden Finanzpolitik der Landesregierung und der Koalition sind wir dazu auch in der Lage. Darauf können die Menschen und Unternehmen im Land drauf vertrauen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Zu dieser vorausschauenden Finanzpolitik gehört auch eine angemessene Risikovorsorge. Das hat uns schon erfolgreich durch die Pandemie und den bisherigen Haushalt gebracht. Wir sind 2022 bislang ohne größere Verwerfungen durch das Jahr gekommen - trotz anhaltender Pandemie und Energiekrise.

Im aktuellen Haushalt haben wir Vorsorge für etwaige Risiken und Kosten anstehender Aufgaben getroffen. Dafür haben wir zweckgebundene Rücklagen gebildet. So sind wir trotz der Krisen handlungsfähig geblieben.

Diese vorausschauende Finanzpolitik setzen wir mit dem vorliegenden Entwurf für die kommenden Jahre fort.

Die Inflation trifft auch uns als Land. Wir sind als großer Bauherr und Immobilienverwalter mit den steigenden Kosten unmittelbar konfrontiert. Besonders die Energiekosten in unseren über 8.000 Liegenschaften steigen rasant, auf unseren Baustellen explodieren die Baukosten. Aber auch in anderen Bereichen steigen unsere Kosten erheblich.

In den Haushaltsentwurf haben wir deswegen eine Inflationsrücklage von einer Milliarde Euro aufgenommen. Das klingt nach viel, aber bei einem Haushaltsvolumen von 121 Mrd. Euro kommt so ein Puffer auch schnell an seine Grenzen.

Der Rücklage für Haushaltsrisiken werden 1,3 Mrd. Euro zugeführt. Damit sind wir unter anderem in der Lage,

  • zusätzliche Kosten für die Geflüchteten zu schultern
  • wir sind damit auch in der Lage, im Rahmen der Pandemievorsorge und -bekämpfung notwendige Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
    Und wir gehen davon aus, dass es im nächsten Jahr weitere Entlastungen und Hilfen geben wird.

Ich habe die Herausforderung benannt, vor der wir als Land und unsere Kommunen beim Thema stehen. Deswegen ist diese Vorsorge mehr als geboten. Und wenn uns die Steuerschätzung noch weitere Möglichkeiten eröffnet, sollten wir die Vorsorge für diese Risiken im parlamentarischen Verfahren unbedingt verstärken. Dabei werden wir selbstverständlich auch die Bedarfe unserer Kommunen im Blick haben.

Auch zwangsläufige Mehrausgaben, insbesondere aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen, sichern wir mit diesem Haushalt ab.

Das sind zum Beispiel:

  • höhere Mittel für die Kommunen für die vorläufige Unterbringung von Geflüchteten
  • Maßnahmen im Rahmen der Inklusion
  • Schaffung von zusätzlichen Haftplätzen
  • Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder
  • Aufwendungen für das Wohngeld
  • weitere Ausgaben für die Zentren für Psychiatrie
  • oder erhöhte Ausgleichsleistungen an die Kommunen für das Bundesteilhabegesetz

Beispielsweise sind aber auch für die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes und des Registermodernisierungsgesetzes Mittel in Höhe von 117 Millionen Euro eingeplant. Das ist eine große Summe. Die Modernisierung unserer Verwaltung ist ein wichtiger Schwerpunkt unseres Haushaltsentwurfs.

Wir investieren in die Digitalisierung insgesamt und dabei insbesondere in die Modernisierung unserer Verwaltung.

Voraussetzung für einen funktionierenden, in der Krise handlungsfähigen Staat ist eine gut aufgestellte Verwaltung. Und bei der Digitalisierung haben wir Nachholbedarf. 

Konkret investieren wir in

  • den weiteren Breitbandausbau
  • in bessere digitale Verwaltungsleistungen im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes
  • die digitale Ertüchtigung unserer Regierungspräsidien und der Justiz
  • die weitere Digitalisierung unserer Schulen
  • die digitale Ausstattung unserer Polizei
  • in unsere Cybersicherheit - das Beispiel des Hacker-Angriffs auf die Heilbronner Stimme hat übrigens wieder gezeigt, wie relevant das Thema ist.

Und besonders wichtig: wir investieren in die Digitalisierung unserer Antragsverfahren. Bauanträge, Förderanträge oder die Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Windenergie sollen in Zukunft digital möglich werden.

Wir machen unsere öffentliche Daseinsvorsorge fit für die Zukunft. Der Staat muss funktionieren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir unterstützen aber auch Unternehmen bei der Digitalisierung von Produktion, von Prozessen, von Produkten und von Dienstleistungen sowie bei der der IT-Sicherheit indem wir auch weiterhin Mittel für die Digitalisierungsprämie zur Verfügung stellen.

Zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören auch unsere Schulen und der Rechtsstaat. Deswegen gehen wir den Weg weiter, den wir schon mit dem Haushalt 2022 begonnen haben.

Thema Bildung: Wir werden über 700 neue Lehrerstellen schaffen.

Außerdem schnüren wir ein Paket für Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit, mit dem wir unter anderem multiprofessionelle Teams an Grundschulen etablieren und den Einsatz von pädagogischen Assistenten ausweiten. Wir steigern die Attraktivität des Lehrerberufs mit einem freiwilligen pädagogischen Jahr, um dem anhaltenden Lehrermangel an unseren Schulen zu begegnen und schon so früh wie möglich Begeisterung für diesen wichtigen Beruf zu wecken.

Auch unsere Schulleiterinnen und Schulleiter werden wir weiter entlasten, damit diese ihre wichtige Aufgabe noch effektiver wahrnehmen können.

Ebenso beim Thema Sicherheit und Rechtsstaat:

Wir führen die Einstellungsoffensive bei der Polizei und unserer Justiz fort. Dafür schaffen wir 300 neue Stellen für Polizistinnen und Polizisten. Damit können wir alle Absolventinnen und Absolventen übernehmen.

Wir stärken den Justizvollzug durch 273 Neustellen.

Wir stärken die übrigen Bereiche der Justiz mit weiteren 177 Stellen, vor allem für die Einrichtung eines Cybercrimezentrums sowie zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität.

An diesen neuen Stellen gibt es auch Kritik. Ich höre die. Aber die hört sich manchmal so an, als wären das zusätzliche Stellen für die persönlichen Stäbe von Ministerien. Hier geht es um öffentliche Daseinsvorsorge, das hat nichts mit einem Regierungsapparat zu tun.

Ich finde, unsere öffentliche Daseinsvorsorge muss uns das wert sein. Bildung, innere Sicherheit, Justiz, staatliche Bauinvestitionen - das sind Kernaufgaben des Landes. Da müssen wir auch in Zukunft gut aufgestellt sein, wenn wir liefern wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zur Daseinsvorsorge gehört auch die Verfügbarkeit von angemessenem und bezahlbaren Wohnraum. Wir sichern daher im Doppelhaushalt auch die Ko-Finanzierung der Bundesfinanzhilfen im Bereich der Wohnraumförderung ab.

Und mit der Fortführung des Programms Soziale Integration im Quartier unterstützen wir zudem die Kommunen beim Erhalt und Ausbau kommunaler Infrastruktur.

Damit komme ich zum zweiten Schwerpunkt dieses Haushalts. Die Bekämpfung der Klimakrise.

Auch wenn Pandemie und der Krieg in der Ukraine das Thema in den Hintergrund gedrängt haben. Die Klimakrise läuft ungebremst weiter und sie spitzt sich zu. Wir haben das diesen Sommer global wieder erleben müssen.

Der russische Energiekrieg gegen die demokratischen Staaten Europas legt außerdem schonungslos die falschen Entscheidungen in der Energiepolitik offen.

  • Es war ein Fehler, sich bei den Gaslieferungen von Russland abhängig zu machen.
  • Es war ein Fehler, unsere Gasspeicher an Gazprom zu verkaufen.
  • Es war ein Fehler, North Stream 2 gegen die Bedenken aus den USA und unserer osteuropäischen Partner zu bauen.
  • Und es war ein Fehler, die Energiewende über Jahre auszubremsen und mit immer mehr Bürokratie zu versehen.

Ich bin froh, dass durch das Osterpaket des Bundeswirtschaftsministers erste Hürden abgebaut wurden. Und mit diesem Haushalt legen wir auch im Land beim Klimaschutz noch einmal zu.

Die Schaffung digitaler Verfahren für den Ausbau der Windenergie habe ich bereits angesprochen. Wir können nicht länger 5-7 Jahre brauchen, um ein Windrad zu planen und aufzustellen.

Auch unsere Regierungspräsidien statten wir für die Energiewende besser aus. Der erfolgreiche Ausbau erneuerbarer Energien ist wichtig. Er entscheidet mit über den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes und über unsere Souveränität.

Eine gute Infrastruktur, Fachkräfte, aber zunehmend eben auch Verfügbarkeit bezahlbarer und sauberer Energie sind bei Ansiedlung von Unternehmen entscheidend.

Es ist ja kein Naturgesetz, dass erfolgreiche Unternehmen nach Baden-Württemberg kommen oder hierbleiben. Dafür müssen und dafür werden wir uns beim Ausbau der Erneuerbaren weiter anstrengen.

Anstrengen werden wir uns auch auf unserem Weg zu einer klimaneutralen Verwaltung.

Viel CO2 wird durch unsere Landesgebäude verbraucht. Etwa die Hälfte unserer Gebäude wird mit Gas beheizt. Hier liegt die größte Herausforderung auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Verwaltung. Deswegen richten wir mit dem Doppelhaushalt 23/24 unsere Bauverwaltung noch stärker auf unsere Klimaschutzziele aus. Wir werden auch den Photovoltaik-Ausbau auf unseren Gebäuden verstärken, explizit auch bei unseren Universitätsklinika mit ihrem großen Gebäudebestand.

Gerade die Opposition hat hier kritisiert, dass wir Nachholbedarf haben. Da sage ich: Ja, das stimmt, deshalb wollen und müssen wir an Tempo zulegen.

Und wir werden an unseren Universitäten klimaschutzrelevante Maßnahmen beschleunigen.

Auch in weiteren Bereichen investieren wir für das Klima. Exemplarisch nennen will ich die Wärmestrategie und die Wasserstoff-Roadmap. Insgesamt investieren wir gegenüber der Mittelfristigen Finanzplanung zusätzlich knapp 100 Millionen Euro in den Klimaschutz und damit in die Zukunftsfähigkeit des Landes.

Über das Dringliche verlieren wir das Wichtige also nicht aus dem Blick.

Und zum Wichtigen gehört auch das Geschäftsmodell von Baden-Württemberg. Worauf es dabei ankommt, das konnten wir gerade auf unserer Delegationsreise in die USA beobachten. Eine pulsierende Gründerkultur, Top-Universitäten, Spitzenforschung und innovative Unternehmen.

Unser Land ist finanziell gesund und wirtschaftlich stark - und unsere Ausgangslage ist gut.

Damit das aber auch nach der Energiekrise und der laufenden Transformation so bleibt, müssen wir uns anstrengen. Und da sind unsere exzellenten Hochschulen und die unternehmerischen Ökosysteme um sie herum ein zentraler Schlüssel.

Sie sind der Ort an denen Innovationen und Zukunftstechnologien entstehen und Fachkräfte ausgebildet werden. Deswegen investieren wir unter anderem weiter in das Cyber Valley und die laufende Hochschulfinanzierungsvereinbarung sieht einen Mittelaufwuchs für unsere Hochschulen vor. Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz oder Life Science werden so im Land vorangetrieben.

Unsere Universitäten unterstützen wir mit insgesamt 4,5 Mio. Euro zur Vorbereitung auf die kommende Ausschreibungsrunde der Exzellenzstrategie und damit zur Stärkung der Spitzenforschung im Land.

Auch für die Fortführung des erfolgreichen Instruments Start-up BW Pre-Seed und der Start-up BW Acceleratoren nehmen wir Mittel in die Hand. Da sind die Innovationen, das sind die Mittelständler von morgen.

Und im Rahmen der Ansiedlungsstrategie bauen wir BW International zu einer zentralen Standortförderungsagentur aus und installieren Ansiedlungsscouts. Damit wir nicht nur erfolgreiche Unternehmen aus Baden-Württemberg hier halten, sondern auch neue hinzugewinnen.

Das alles tun wir, damit wir auch in 10, 15 Jahren noch wirtschaftlich erfolgreich sind. Das Dringliche tun, und das Wichtige nicht vergessen. Auch hier halten wir das Land mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf auf dem richtigen Kurs.

Meine Damen und Herren,

In dieser Zeit höchster Unsicherheit legen wir für die kommenden zwei Jahre einen ehrlichen, einen fokussierten Haushaltsentwurf vor, der diese Krise annimmt und die Zeitenwende in die Finanzpolitik übersetzt.

Dieser Entwurf orientiert sich am Investitions-, Entlastungs- und Konsolidierungsbedarf. Und er enthält eine angemessene Risikovorsorge für eine schwierige Zeit. Nicht Wochen, nicht Monate, eher 1-2 Jahre.

Vor dem Hintergrund der laufenden Pandemie, gestörter Lieferketten, der Energiekrise, der sich anbahnenden Rezession und der damit verbundenen Unsicherheiten setzt dieser Haushaltsentwurf die richtigen Schwerpunkte.

Er sorgt vor, er fährt auf Sicht. Trotzdem beinhaltet er wichtige Investitionen. Investitionen in einen funktionierenden Staat, in Klimaschutz, in Innovationen und in die soziale Infrastruktur.

Der Staat steht gerade vor der gewaltigen Herausforderung, mit verschiedenen Krisen gleichzeitig umgehen zu müssen. Das ist ein echter Stresstest für die Politik, aber auch für die Gesellschaft. Und dieser Haushaltsentwurf gibt eine gute, eine verantwortungsvolle Antwort darauf.

 

Mein Dank für ihre unermüdliche Arbeit geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses. Angesichts der andauernden Krisen arbeiten sie am Anschlag. Ebenso danke ich den Mitgliedern der Landesregierung und der Haushaltskommission, den beiden finanzpolitischen Sprechern Rösler und Wald, den Fraktionsvorsitzenden Schwarz und Hagel, und den beiden Regierungsfraktionen insgesamt. In Krisenzeiten geht es um Verlässlichkeit. Und es geht darum, die Interessen des Landes mit aller Kraft zu vertreten.

Mit der Steuerschätzung Ende dieser Woche sehen wir ein bisschen klarer, wie sich die aktuellen Krisen auf die Steuereinnahmen auswirken. Und wir werden hoffentlich schnell aus Berlin Konkreteres zu den geplanten Hilfsmaßnahmen bekommen. Auch hier müssen wir, auch hier müssen Sie als Haushaltsgesetzgeber, die Auswirkungen auf unseren Haushalt kalkulieren und dann im parlamentarischen Verfahren nachsteuern. Die Lage bleibt sehr dynamisch. Den Abgeordneten der Opposition möchte ich ebenso danken. Unsere Demokratie ist stärker und gefestigter als es sich der russische Präsident ausgemalt hat. Dafür tragen in einer Demokratie immer alle Seiten Verantwortung. Ihnen allen vielen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen, hier im Plenum und im Finanzausschuss.

Herzlichen Dank.

Zum Entwurf des Staatshaushaltsplans 

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