„Die Ratingagenturen haben in der Finanzmarktkrise versagt. Sie haben die verschlechterte Marktlage nicht früh genug in ihren Ratings abgebildet und diese nicht rechtzeitig angepasst. Ein solch folgenschweres Fehlverhalten darf sich nicht wiederholen. Es muss insbesondere sichergestellt werden, dass Ratings weder von Emittenten, noch von anderen Dritten beeinflusst werden. Dafür brauchen wir größtmögliche Transparenz bei den Ratingagenturen. Im Finanzausschuss des Bundesrates haben wir daher heute, als ersten Schritt, den Weg für das Ausführungsgesetz zur EU-Ratingverordnung frei gemacht. Ratingagenturen in der Europäischen Union müssen sich danach künftig registrieren lassen, die Vermeidung von Interessenkonflikten sicherstellen und die verwendeten Methoden, Modelle sowie grundlegenden Annahmen offenlegen.“ Dies sagte Finanzminister Willi Stächele am Donnerstag (20. Mai 2010) in Dresden.
Das Ausführungsgesetz zur EU-Ratingverordnung schreibe des Weiteren vor, dass künftig allgemeine Angaben wie aktuelle und potenzielle Interessenskonflikte, Verzeichnisse von Nebendienstleistungen oder allgemeine Grundsätze für die Vergütung der Mitarbeiter bekannt zu geben seien, fuhr Stächele fort. Zudem müsse ein jährlicher Transparenzbericht erstellt werden, der Informationen über Rechtsstruktur und Besitzverhältnisse der Agentur, eine Beschreibung der internen Kontrollmechanismen sowie Finanzinformationen über die Einnahmen der Agentur enthalte.
Die Registrierung der Ratingagenturen und deren laufende Überwachung obliege der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), so der Minister weiter. Eine Übertragung der Aufsichtsbefugnisse auf eine neu zu schaffende Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde sei für den 1. Januar 2011 geplant. Bei Verstößen gegen die in der EU-Ratingverordnung festgelegten Pflichten greife ein umfangreicher Katalog von Bußgeldvorschriften.
Das Ausführungsgesetz zur EU-Ratingverordnung sei ein wichtiger erster Schritt zu einer angemessenen Regulierung von Ratingagenturen. Weitere müssten folgen. So müsse insbesondere sichergestellt werden, dass Rating-Entscheidungen nicht im Sinne der Auftraggeber verzerrt würden. Weiter sollte eine Europäische Ratingagentur eingerichtete werden, deren Ratings Ergebnis eines unabhängigen, transparenten und objektivierten Ratingprozesses und insofern auch für die entsprechenden aufsichtsrechtlichen Regelungen maßgeblich sein sollten. Der Finanzausschuss des Bundesrates habe sich heute dieser Argumentationslinie angeschlossen. Er empfehle dem Bundesrat, dass dieser die Bundesregierung unter anderem auffordere, die Regulierung von Ratingagenturen weiter zu verbessern und die Gründung einer Europäische Ratingagentur zu befördern.
Zu weiteren aktuellen Reformüberlegungen äußerte sich der Finanzminister wie folgt: „Die mit Staatsmilliarden gestützte Finanzwirtschaft muss sich an den gewaltigen Kosten für die Krisenbewältigung beteiligen. Ein geeignetes Instrument hierfür ist eine Finanzmarktsteuer. Die baden-württembergische Landesregierung hat sich für deren Einführung ausgesprochen. Dass dies in Berlin nunmehr auch so gesehen wird, begrüße ich ausdrücklich. Nunmehr gilt es, auf internationalem Parkett zu überzeugen und die Staatengemeinschaft für diese Steuer zu gewinnen. Im Kampf gegen die Spekulanten auf den Finanzmärkten müssen schnellstmöglich weitere Maßnahmen folgen. Dazu zählt vor allem ein Verbot des Kaufs von Kreditausfallversicherungen, die nicht der eigenen Risikoabsicherung dienen, und eine strenge Überwachung von Hedge-Fonds, insbesondere auch der nicht-europäischen. Zur dauerhaften Sicherung der Stabilität und Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte sollte auch ein unbefristetes Verbot der gestern von der BaFin untersagten ungedeckten Leerverkäufe in Betracht gezogen werden.“
Quelle:
Finanzministerium Baden-Württemberg