„Die globalen Verwerfungen haben Deutschland mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um rund 5 Prozent in diesem Jahr in die tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte geführt. Unser Land wird aufgrund seiner exportabhängigen Wirtschaft mit voraussichtlich minus 8 Prozent noch stärker von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung betroffen sein. In dieser ernsten und beispiellosen wirtschaftlichen Gesamtsituation gilt es, die negative wirtschaftliche Entwicklung schnell zu überwinden und Aufschwungtendenzen zu unterstützen. Der beschlossene Doppelhaushalt ist ein ausgewogener Kompromiss aus wichtigen Wachstumsimpulsen in zentralen Zukunftsfeldern und einer notwendigen Haushaltskonsolidierung.“ Dies erklärte Finanzminister Willi Stächele am Dienstag (24. November 2009) in Stuttgart.
Schwierige finanzpolitische Ausgangslage
Die Exporte Baden-Württembergs seien in den ersten 9 Monaten des Jahres um fast 23 Prozent eingebrochen. Von Januar bis September seien die Umsätze in der Automobilbranche um 43 Prozent und im Maschinenbau um 30 Prozent zurückgegangen. Trotz einer zuletzt leichten Belebung auf dem Arbeitsmarkt sei die Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent in 2008 auf aktuell 5,1 Prozent in Baden-Württemberg angestiegen. Die Steuereinnahmen würden in diesem Jahr aufgrund dieser Entwicklungen voraussichtlich um über 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr einbrechen. Allein in diesem Jahr seien das brutto 3,2 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr. Im nächsten Jahr seien es nochmals fast 6 Prozent und damit 1,4 Milliarden Euro weniger. Dem Landeshaushalt 2010 fehlten daher im Vergleich zum Jahr 2008 rund 4,6 Milliarden Euro an Bruttosteuereinnahmen. Gegenüber der bisherigen Finanzplanung für die Jahre 2010 und 2011 seien das netto insgesamt rund 3,9 Milliarden Euro weniger, so Stächele.
Nicht nur Baden-Württemberg habe noch nie dagewesene Deckungslücken zu bewältigen. Zahlreiche andere Bundesländer stünden vor der Situation, neue Schulden in weit höherem Umfang aufnehmen zu müssen. Das nach der Bevölkerungszahl etwas mehr als halb so große Land Hessen müsse konjunkturbedingt 6,4 Milliarden Euro in den nächsten beiden Jahren aufnehmen. Das um ein Drittel kleinere Land Niedersachsen sei zu einer Neuaufnahme von Krediten in Höhe von 4,3 Milliarden Euro in den Jahren 2010 und 2011 gezwungen. Rheinland-Pfalz - um zwei Drittel kleiner als Baden-Württemberg - werde rund 3 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum aufnehmen müssen. Von den westlichen Ländern plane lediglich Bayern auch 2010 keine neuen Kredite aufzunehmen, da letztmalig Rücklagen eingesetzt werden können.
Investitionen in die Zukunft
„Die Konsolidierung des Landeshaushalts ist kein Selbstzweck, sondern zwingende Voraussetzung, um auch in Zukunft handlungsfähig zu bleiben,“ hob Stächele hervor. „Unsere Haushaltspolitik beschränkt sich deshalb nicht auf Sparmaßnahmen, sondern setzt auch Investitionsschwerpunkte. Der Doppelhaushalt stellt eine Balance zwischen notwendigen Investitionen und zwingenden Einsparungen her. Zur weiteren Stärkung des Wirtschafts- und Forschungsstandorts Baden-Württemberg haben wir beispielsweise für Innovation und Technologietransfer zusätzliche 13,5 Millionen Euro bereitgestellt, so dass der Struktur- und Innovationsfonds Baden-Württemberg fortgeführt werden kann. Auch stehen 30,5 Millionen Euro bereit, um zentrale Projekte des Innovationsrates umzusetzen. Darüber hinaus wird die Elektromobilität mit insgesamt 15 Millionen Euro gefördert, um die Zukunftsfähigkeit des Automobillandes Baden-Württemberg weiter zu stärken,“ unterstrich der Finanzminister. Auch in den Bereichen Innere Sicherheit und Infrastruktur würden insgesamt fast 39 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt. Ebenso seien - neben den mit der Bildungsoffensive in 2010 und 2011 bereits vorgesehenen zusätzlichen 286 Millionen Euro - für Bildung und Sport weitere 29 Millionen Euro vorgesehen.
Außerdem schaffe der Doppelhaushalt die notwendigen Voraussetzungen, damit das Zukunftsinvestitionsprogramm des Bundes und das Landesinfrastrukturprogramm mit einem Gesamtvolumen von über 2,1 Milliarden Euro weiterhin mit Hochdruck umgesetzt werden könnten. Dadurch würden wichtige Investitionen in Zukunftsfelder angestoßen, die Wirtschaft belebt und Arbeitsplätze gesichert. Bei der Umsetzung komme man zügig voran. Fast 90 Prozent der Gesamtmittel des Zukunftsinvestitionsprogramms seien schon bewilligt.
Auch das Bürgschaftsprogramm des Landes mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro in 2010 und 500 Millionen Euro in 2011 werde fortgeführt. „Von großer Wichtigkeit ist, dass unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft aufgrund der tiefgreifenden Wirtschaftskrise nicht dauerhaft Schaden nimmt. Ohne diese Unterstützung besteht die Gefahr, dass gesunde Unternehmen durch den Strudel der erheblichen konjunkturellen Verwerfungen in ihren Grundstrukturen beschädigt werden. Wir nehmen dies sehr ernst und setzen alles daran, um die ausreichende Kreditversorgung der Wirtschaft sicherzustellen,“ unterstrich der Finanzminister.
Konsolidierung des Haushalts
Mit Einsparungen und weiteren Deckungsmaßnahmen von insgesamt rund 2,95 Milliarden Euro, davon über 1,2 Milliarden Euro Ressorteinsparungen, trage der Doppelhaushalt die Handschrift einer strikten Ausgabenpolitik. Jedes Ressort habe einen Beitrag leisten müssen. Dadurch sei es gelungen, den Anstieg des Haushaltsvolumens zu beschränken. Diese Sparanstrengung müsse vor dem Hintergrund steigender Personalkosten, insbesondere der Kosten für Beihilfen und Versorgung, und zahlreicher anderer gesetzlicher Verpflichtungen des Landes gesehen werden. Zudem bestünde der Landeshaushalt strukturell zu einem großen Teil aus zwangsläufigen Ausgaben, so dass die freie Gestaltungsmasse, aus der die Einsparungen zu erbringen seien, begrenzt sei.
„Aufgrund dieser enormen Sparanstrengung ist es gelungen, die Neuverschuldung des Landes im Doppelhaushalt auf rund 4,5 Milliarden Euro zu begrenzen. Im Zusammenhang mit der nächsten Finanzplanung des Landes wird entsprechend der Schuldenbremse des Landes ein Plan für die Tilgung der neuen Schulden in den nächsten sieben Jahren vorgelegt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern nimmt Baden-Württemberg damit eine Vorreiterrolle ein. Damit zeigen wir finanzpolitische Verantwortung und Verlässlichkeit gerade gegenüber nachfolgenden Generationen. Die Konsolidierung des Landeshaushalt ist ein unumkehrbarer Prozess,“ betonte Stächele.
Strikte Haushaltskonsolidierung bleibt alternativlos
„Unsere vorausschauende, vorsichtige Haushaltspolitik der letzten Jahre hat sich als richtig erwiesen. Wir haben die guten wirtschaftlichen Zeiten genutzt, um den Haushalt zu konsolidieren, Rücklagen zu bilden und in wichtige Zukunftsbereiche zu investieren. Mit der Schuldenbremse hat das Land die wichtigste haushaltspolitische Strukturentscheidung getroffen,“ sagte Finanzminister Willi Stächele abschließend.
Quelle:
Finanzministerium