„Mein Verständnis von Bürgerfreundlichkeit und moderner Verwaltung verlangt ein einfaches Steuerrecht. Häufige Änderungen der Steuergesetze, aber auch der übertriebene Wunsch nach Einzelfallgerechtigkeit führen im Gegenteil zu einer fortschreitenden Verkomplizierung des Steuerrechts. Deshalb kamen heute die Praktiker aus den Finanzämtern zu Wort und diskutierten in einer gemeinsamen Expertenrunde im Finanzministerium Baden-Württemberg die zehn besten Vorschläge, die im Rahmen eines Steuervereinfachungswettbewerbs von den Finanzämtern eingebracht worden sind. Denn gerade die Praktiker vor Ort stehen intensiv mit den Steuerbürgern in Kontakt und wissen, wo der Schuh drückt. Den zwangsläufigen Personalabbau in den Finanzämtern der letzten Jahre muss ein einfacher zu verwaltendes Steuerrecht begleiten. Es kann nicht sein, dass die Finanzämter zu Lasteseln beim Gesetzesvollzug werden", betonte Finanzminister Willi Stächele am Montag (27. September 2010) in Stuttgart.
Viele Finanzämter des Landes hätten sich rege beim Steuervereinfachungswettbewerb beteiligt. Insgesamt seien ungefähr 40 Vorschläge eingegangen. Die zehn besten Vorschläge, die überdies neu in der politischen Debatte seien, hätte man bereits an den Bundesfinanzminister nach Berlin weitergeleitet, fuhr Stächele fort.
Vorgeschlagen worden sei beispielsweise, im Zusammenhang mit der Abgeltungssteuer eine Bagatellregelung für Kleinstbeträge einzuführen. Wenn die Kontoauflösung Kosten verursache, die den Anlagebetrag übersteige, würden diese Kleinstbeträge oftmals stehen gelassen. In der Folge müsse die Bank Kapitalertragsteuer im Cent-Bereich abführen und eine Steuerbescheinigung erstellen. Eine Bagatellgrenze von 10 Euro könnte hier Abhilfe schaffen. Weitere Vorschläge seien die Abschaffung unnötiger Doppelprüfungen. Beispielsweise müssten die Voraussetzungen für das Kindergeld sowohl durch die Finanzämter, als auch durch die Arbeitsämter geprüft werden. Ein weiterer Vorschlag sei, Steueränderungen nicht unterjährig vorzunehmen. So solle vermieden werden, dass sich Steuerbürger und Finanzämter mit zwei verschiedenen Rechtslagen innerhalb eines Veranlagungszeitraums konfrontiert sähen, erläuterte der Finanzminister.
Baden-Württemberg hätte sich zuvor mit dem Modell für eine nach der Fläche bemessene "Einfach-Grundsteuer" und dem Vorschlag, die abziehbaren Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 960 Euro zu pauschalieren, aktiv in die gegenwärtige Vereinfachungsdiskussion eingebracht. Steuervereinfachung sei jedoch nicht mit Steuersenkung zu verwechseln, sondern bedeute zu pauschalisieren, anstatt bis ins letzte Detail nach Einzelfallgerechtigkeit zu streben. „Den 'Sonntagsreden' zur Steuervereinfachung müssen nun 'Montagstaten' folgen", mahnte der Finanzminister abschließend.
Quelle:
Finanzministerium Baden-Württemberg