„Baden-Württemberg bringt sich in den Prozess zur Vereinfachung des Steuerrechts aktiv ein. Neben den 13 Vorschlägen der Finanzminister der Länder liegen Vorstöße zu einer „Einfach-Grundsteuer" und zur Pauschalierung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer auf dem Tisch. Die Reaktionen hierauf sind ein Prüfstein für die Ernsthaftigkeit und die Akzeptanz von wirklichen Steuervereinfachungen. Denn klar ist: Steuervereinfachung und übertriebene Einzelfallgerechtigkeit stehen in einem Spannungsverhältnis. Wer die Hand für ein einfacheres Steuerrecht hebt, muss gleichzeitig anerkennen, dass es in einzelnen Fällen auch zu Verschlechterungen kommen kann." Dies sagte Finanzminister Willi Stächele anlässlich der Tagung des Verbandes deutscher Unternehmerinnen am Montag (18. Oktober 2010) in Stuttgart.
So habe Baden-Württemberg vorgeschlagen, dass zukünftig die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer jährlich in Höhe von 960 Euro pauschal und damit ohne Einzelnachweis geltend gemacht werden können. Dieser Pauschalbetrag ermögliche eine aufkommensneutrale Realisierung. Diese Pauschalierung bringe eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung mit sich. Quittungen, Belege und Rechnungen seien dann insoweit im Steuerverfahren nicht mehr notwendig. „Wenn jetzt aber diejenigen, die bisher einen geringeren Betrag bei der Einkommensteuer geltend gemacht haben, schweigen und diejenigen mit höheren Aufwendungen Zeter und Mordio schreien, geht das grundsätzliche Anliegen der Steuervereinfachung verloren", so Stächele.
Gleiches gilt für die von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg vorgeschlagene „Einfach-Grundsteuer". Die Grundlage für die neue Grundsteuer sollen nur noch die Flächen des Grundstücks und der darauf errichteten Gebäude sein. Das neue System verzichtet auf die streitanfällige Ermittlung von Grundstückswerten; es ist in der Masse der Fälle ausschließlich EDV-mäßig und damit ohne gesonderte Mitwirkung der Grundstückseigentümer zu bewältigen. Dieses Modell setzt ganz bewusst ein Zeichen gegen eine detailverliebte und aufwendige Ermittlung der Grundsteuer.
Nun werde vereinzelt polemisiert, dass der Eigentümer einer Villa und der eines „Hauses neben der Müllkippe" die gleiche Grundsteuer zahlen müssten. Dem muss entgegengehalten werden: Erstens bedeutet das Äquivalenzprinzip, dass Grundstücke mit identischer Nutzfläche in der jeweiligen Gemeinde den gleichen Aufwand verursachen. Zweitens gibt das Modell der Südländer den Kommunen Instrumente zur Flexibilisierung. Drittens zieht eine Grundsteuer auf der Basis der Verkehrswerte einen erheblichen Verwaltungsaufwand nach sich. Für Baden-Württemberg bedeutet eine Bewertung aufgrund aktualisierter Einheitswerte einen zusätzlichen Aufwand von rund 680 Millionen Euro. Demgegenüber stehen kommunale Einnahmen aus der Grundsteuer von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr. „Durch eine derartige Neubewertung werden also etwa die Hälfte des steuerlichen Ertrags eines ganzen Jahres verfrühstückt. Meines Erachtens stößt hier das Argument der Einzelfallgerechtigkeit an seine Grenzen, denn Kosten und Nutzen sind schlicht unverhältnismäßig. Hier stellt sich beispielhaft die „Gretchen-Frage" der Steuervereinfachung."
Quelle:
Finanzministerium Baden-Württemberg